Grosse Meeresfische sind seit 1960 kleiner geworden, wie eine aktuelle Studie zeigt. Die Hauptursachen sind wohl das Konsumverhalten der Menschen und der Klimawandel. Diese Entwicklung kann laut dem Forschungsteam wichtige Auswirkungen haben.
Die meisten Organismen werden innerhalb ihrer Arten immer kleiner. Besonders auffällig ist diese Entwicklung bei Meeresfischen.
Das fand ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus 17 Universitäten heraus. Geleitet wurde die Untersuchung, die kürzlich im Fachmagazin "Science" publiziert wurde, von der Universität St. Andrews sowie der Universität Nottingham.
Für die Studie verglich das Team Daten von mehr als 4.000 Arten aus 60 Jahren, von 1960 bis 2020. Diese Zeitspanne bezeichnen Forschende als das Anthropozän, das Erdzeitalter der Menschen.
Grosse Fische werden kleiner – kleine Fische ersetzen sie
Schon frühere Forschungsarbeiten hätten gezeigt, dass die Grösse der Trophäenfische bei Angelwettbewerben abgenommen habe und dass viele der am stärksten bedrohten Arten gross seien, heisst es in einer Mitteilung der Universität St. Andrews.
Die aktuelle Studie verdeutlicht, dass sich diese Beobachtung auf ganz viele Arten bezieht. Denn die Forschungsergebnisse zeigen: Individuen innerhalb der Arten werden kleiner; grössere Arten werden durch kleinere ersetzt.
"An einigen Orten werden zum Beispiel immer kleinere Exemplare des Stachelrochens beobachtet, während Arten mit kleinerem Körperbau wie Makrelen zunehmen", nennt Hauptautorin Ines Martins von der Universität St. Andrews ein Beispiel. "Ob es nun daran liegt, was der Mensch bevorzugt isst, oder daran, dass ihre Lebensräume wärmer werden - grosse Fische scheinen einfach keine Ruhe zu finden."
Die Forschenden haben auch eine Erklärung dafür, dass grosse Fische kleiner werden. Sie seien "möglicherweise besonders anfällig für die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten, einschliesslich Jagd und Ernte, sowie für den Stress des Klimawandels", heisst es in der Studie.
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Überraschendes Ergebnis: Ökosysteme kompensieren wohl Veränderung
Das Forschungsteam schreibt von einem überraschenden Ergebnis. Es stellte nicht nur fest, dass einige wenige grosse Organismen durch viele kleine ersetzt wurden, sondern auch, dass dabei die Gesamtmenge des Lebens, die sogenannte Biomasse, konstant blieb. "Wir glauben, dass dies darauf hindeutet, dass, wenn grosse Organismen verschwinden, andere versuchen, ihren Platz einzunehmen und die freiwerdenden Ressourcen zu nutzen", wird Maria Dornelas von der Universität St. Andrews zitiert.
Ökosysteme könnten folglich dazu neigen, "Veränderungen zu kompensieren, indem sie die Gesamtbiomasse der untersuchten Arten in einem bestimmten Lebensraum stabil halten", heisst es weiter. Es gibt also eine Art Kompromiss in der Natur: Verringert sich die Körpergrösse, nimmt gleichzeitig die Häufigkeit der Organismen zu.
Entwicklung ist bei Wirbellosen und Pflanzen vielfältiger als bei Fischen
Während die Körpergrösse von Meeresfischen im Anthropozän abgenommen hat, kam es bei wirbellosen Tieren und Pflanzen zu vielseitigeren Veränderungen. So wurden einige Organismen grösser, andere schrumpften.
"Es ist klar, dass die weit verbreitete Verdrängung von Arten, die wir auf der ganzen Welt beobachten, messbare Folgen hat", sagt Dornelas. Die Verkleinerung der Organismen habe wichtige Auswirkungen, da die Grösse der Tiere ihren Beitrag dazu leiste, dass Ökosysteme funktionieren und sie Menschen nutzten. "Grössere Fische können in der Regel mehr Menschen ernähren als kleinere Fische", gibt Dornelas zu bedenken.
Jonathan Chase vom German Centre for Integrative Biodiversity Research (iDiv) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg regt in einer Mitteilung weitere Untersuchungen an. "Wie bei den meisten Dingen lassen sich Veränderungen, die über längere Zeiträume ablaufen, nicht immer in ein bestimmtes Schema zwängen. Es ist wichtig, sich im Detail damit zu befassen, wann Organismen kleiner oder grösser werden, um besser zu verstehen, wie sich die Körpergrösse im Laufe der Zeit verändert."
Auch die anderen Studienautorinnen- und autoren plädieren dafür, die Forschung noch zu vertiefen. Sie betonen, dass es wichtig zu verstehen ist, wie sich verschiedene Organismen an die Herausforderungen im Zeitalter des Anthropozäns anpassen.
Verwendete Quellen:
- Science.org, Studie "Widespread shifts in body size within populations and assemblages"
- Mitteilung der Universität St. Andrews: "Big fish are getting smaller, and little fish are replacing them, says new research"
- Mitteilung des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig: "Grosse Fische werden kleiner und kleine Fische immer zahlreicher"
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