Sonnenstürme können Satellitenschäden verursachen, davor warnen Forscher bereits seit längerem. Allerdings können sie auch viel ältere Technik beeinflussen, wie Eisenbahnsignale - mit schwerwiegenden Folgen.
Schon kleinere Sonnenstürme, die alle zehn bis zwanzig Jahre zu erwarten sind, können Eisenbahnsignale von Rot auf Grün stellen - was die Gefahr von Zusammenstössen birgt. Dies haben britische und kanadische Wissenschaftler anhand von Computersimulationen gezeigt. Der Grund seien Gleisfreimeldeanlagen, die Teil eines Stromkreises sind, der die Schienen einbezieht.
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Auf diesen Stromkreis könnten geomagnetisch induzierte Ströme als Folge eines Sonnensturms einwirken. Viele entsprechende Anlagen in Deutschland funktionieren nach demselben Prinzip. Die Studie einer Gruppe um Cameron Patterson von der Lancaster University in Lancaster (Grossbritannien) ist im Fachmagazin "Space Weather" erschienen.
Ältere, anfällige Anlagen sind immer noch sehr weit verbreitet
"Unsere Untersuchungen zeigen, dass das Weltraumwetter ein ernstes, wenn auch relativ seltenes Risiko für das Eisenbahnsignalsystem darstellt, das zu Verzögerungen führen oder sogar schwerwiegendere Auswirkungen auf die Sicherheit haben könnte", wird Patterson in einer Mitteilung seiner Universität zitiert.
Zwar gebe es in Grossbritannien schon moderne Gleisfreimeldeanlagen, die weniger empfindlich auf Störungen im Magnetfeld der Erde aufgrund eines Sonnensturms reagieren, doch ältere, anfällige Anlagen seien immer noch sehr weit verbreitet, schreiben die Studienautoren.
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So funktionieren die älteren Gleisfreimeldeanlagen
Für diese älteren Gleisfreimeldeanlagen sind die Bahnstrecken in sogenannte Streckenblöcke von etwa einem halben Kilometer bis zwei Kilometer Länge eingeteilt. Auf den untersuchten Strecken befindet sich am Anfang eines Blocks (in Fahrtrichtung betrachtet) ein Relais, das Strom aus einer Quelle am Ende des Blocks erhält.
Befindet sich kein Zug im Streckenblock, dann ist der Stromkreis über die Schienen geschlossen und das Relais erhält Strom; in diesem Fall zeigt das Signal "Grün" an, freie Strecke. Wenn sich ein Zug im Gleis befindet, sorgen dessen Räder und Achsen für einen Kurzschluss: Das Relais erhält keinen Strom und lässt das Signal auf "Rot" springen.
Forscher untersuchten britische Bahnstrecken
Patterson und Kollegen untersuchten konkret die britischen Bahnstrecken zwischen Lancaster und Preston sowie zwischen Glasgow und Edinburgh. Sie bauten die Gleisfreimeldeanlagen auf diesen Streckenabschnitten im Computermodell nach und simulierten dann Ströme, wie sie durch hochenergetische Teilchen von der Sonne im Erdmagnetfeld ausgelöst werden können.
Sie ermittelten, dass einzelne Gleisfreimeldeanlagen auf der Strecke Lancaster-Preston schon bei einer elektrischen Spannung von 1,1 Volt pro Kilometer so gestört werden können, dass das Streckensignal von Rot auf Grün springt. Auf der Strecke Glasgow-Edinburgh genügt demnach sogar ein Volt pro Kilometer.
Bei Sonnenstürmen können mehr Volt pro Kilometer elektrische Spannung entstehen
Solche elektrischen Spannungen können von Sonnenstürmen verursacht werden, mit denen nach langjährigen Statistiken einmal in einem oder zwei Jahrzehnten zu rechnen ist. Bei Sonnenstürmen, wie sie im Durchschnitt einmal im Jahrhundert auftreten, können sogar vier Volt pro Kilometer elektrische Spannung entstehen.
Dann können zahlreiche Signale hintereinander gestört sein, nicht nur einzelne. Für ihre Simulationen nahmen die Forscher allerdings an, dass die Züge auf der Strecke immer kurz vor dem Verlassen eines Streckenblocks sind. Je länger die Strecke zwischen dem Relais und der letzten Achse des letzten Waggons ist, desto grösser ist die Gefahr der Signalstörung.
Weltraumwetter schaltete bereits Eisenbahnsignale um
Das Risiko durch Signalstörungen ist zudem davon abhängig, wie viele Züge sich auf der Strecke befinden. "Künftig könnten Weltraumwettervorhersagen dazu genutzt werden, Entscheidungen über die Einschränkung des Bahnbetriebs zu treffen, wenn ein Extremereignis zu erwarten ist, so wie es derzeit meteorologische Vorhersagen tun", betont Jim Wild von der Lancaster University, ein Co-Autor der Studie. Als nächster Schritt müssten die Computersimulationen durch Experimente überprüft werden, schreiben die Wissenschaftler.
Ein Beispiel dafür, dass Weltraumwetter Eisenbahnsignale umschaltete, hat sich nach Angaben der Forscher im Juli 1982 in Schweden ereignet. Ein Signal wechselte demnach während eines geomagnetischen Sturms von Grün auf Rot und wieder auf Grün, obwohl sich kein Zug auf der Strecke befand oder andere Fehlerbedingungen vorlagen.
Die Studienautoren verweisen zudem auf frühere statistische Analysen, die einen Anstieg der Zahl unerklärlicher Signalfehlfunktionen in Zeiten hoher geomagnetischer Aktivität ermittelt hätten. (ff/dpa)
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