In den vergangenen Jahren sind immer häufiger Tornados in Deutschland aufgetreten. Die Bilder erinnern an Szenen aus den USA: Autos liegen auf dem Dach, Hausdächer sind teilweise nicht mehr vorhanden. Ist das noch normal oder spielt das Wetter verrückt? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Mehr zum Thema Natur & Umwelt

Über Hamburg wütete am Donnerstag ein Tornado. In letzter Zeit konnte diese Wettererscheinung auch hierzulande vermehrt beobachtet werden. "Heftige Gewitter sind immer eine gute Ausgangslage für die Bildung eines Tornados", erklärt Diplom-Meteorologe Dominik Jung von "wetter.net".

In der Gewitterwolke steigt warme Luft spiralförmig nach oben. Dabei werden Drehbewegungen immer schneller, wie bei einem Eiskunstläufer, der eine Pirouette dreht. Schliesslich wird an der Unterseite der Gewitterwolke eine Art Schlauch sichtbar. Bekommt dieser Bodenkontakt spricht man von einem Tornado und es wird gefährlich: Der Wirbelsturm kann zu schweren Schäden führen, besonders dann, wenn er über bewohntem Gebiet tobt.

Durch den Sog reisst der Schlauch alles nach oben, was ihm in den Weg kommt. Wird der Sturm schliesslich wieder schwächer, fällt alles wieder nach unten und es drohen weitere Verwüstungen durch herumfliegende Trümmerteile.

Die Windgeschwindigkeiten in einem solchen Sturm können enorm hoch werden, bis zu 500 Stundenkilometer sind problemlos möglich. Man klassifiziert die Stärke eines Tornados mit der sogenannten Fujita-Skala. Dabei können Experten oftmals erst im Nachhinein anhand des Schadenbildes beurteilen, ob es sich um einen Tornado gehandelt hat oder nicht.

Sind Tornados in Deutschland normal oder gibt es eine Häufung?

Jedes Jahr gibt es in Deutschland weit mehr als 100 Verdachtsfälle, davon werden im Schnitt 50 bis 60 als tatsächliche Tornados bestätigt. Tornados gab es zudem schon immer in Deutschland, allerdings sind sie nicht immer so bewusst wahrgenommen worden wie in der technisch weit fortgeschrittenen Neuzeit. Deutschland ist also durchaus ein Tornado-Land. Und: Innerhalb Europas ist Deutschland sogar eine Tornado-Hochburg wie eine Untersuchung zeigt.

Innerhalb Europas gab es demnach zwischen 2004 und 2013 die meisten Tornado-Meldungen: "Dabei bleibt allerdings offen, ob man in Deutschland lediglich besser beobachtet und meldet oder ob es bei uns tatsächlich die meisten Tornados gibt. Darüber kann man aktuell nur spekulieren", ordnet Jung die Werte ein.

Wurde im Vorfeld genügend vor Tornados gewarnt?

Der staatliche wie auch etliche private Wetterdienste haben im aktuellen Fall rechtzeitig Meldungen herausgegeben: Es wurde vor schweren Unwettern gewarnt, die Möglichkeit zur Bildung von Tornados wurde aufgezeigt. Eine räumliche bzw. zeitnahe Vorhersage vor den Wirbelstürmen ist meteorologisch nicht möglich. Selbst auf aktuellen Radarbildern kann man lediglich erkennen, dass es aufgrund der Strukturen einen Tornado geben könnte.

Hat sich ein Tornado gebildet, dann hat er oft nur eine Lebensdauer von wenigen Minuten. "Wenn es bei einem Tornado keine Schwerverletzten oder gar Todesopfer gab, deutet darauf hin, dass die Menschen die Unwetterwarnungen im Vorfeld ernst genommen haben. Mehr können Wetterdienste an dieser Stelle nicht tun", meint Wetter-Experte Jung.

So schützen Sie sich vor Tornados

Massive Steinhäuser und Kellerräume bieten den besten Schutz, wenn ein Tornado aufzieht. Wer sich im Freien befindet, sollte stets auf eine Distanz von einem Kilometer zum Tornado ausweichen. In dieser Entfernung ist man in der Regel sicher.

Wer keine Zeit hat, um sich in Sicherheit zu bringen, legt sich am besten flach auf den Boden und wartet, bis der Sturm weitergezogen ist. Auf der Erde liegend ist die Gefahr am geringsten, von umherfliegenden Gegenständen getroffen zu werden.

Müssen wir in nächster Zeit mit weiteren Tornados rechnen?

Ob die Häufung von Tornado-Ereignissen in der vergangenen Zeit nur ein Zufall war oder ob sich ein Trend für den kommenden Sommer ausbildet ist derzeit laut Wetter-Experten nicht zu sagen. Die vergangenen beiden Sommer waren bereits sehr wechselhaft und unwetterlastig.

"Der US-Wetterdienst NOAA hat allerdings einen ersten klimatologischen Trend für Mitteleuropa ausgegeben. Demnach soll auch dieser Sommer eher wechselhaft ausfallen", führt Jung aus. Das spräche für Temperaturschwankungen und würde die Ausbildung weiterer heftiger Gewitter begünstigen.

Damit bliebe auch die Wahrscheinlichkeit für weitere Tornados in nächster Zeit ziemlich hoch. (mgb)

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.