Man kann nicht den Wald abholzen und das Echo stehenlassen, schreibt der Philosoph Richard Schröder. Die Wälder geben uns Nahrung, saubere Luft, Heilmittel, Baumaterial und Wärme als Brennstoff. Nichtsdestotrotz vernichten wir sie in einem erschreckenden Tempo. Aus diesem Grund haben die Vereinten Nationen 2011 zum "Jahr des Waldes" erklärt - sie möchten an die Verantwortung jedes Einzelnen für den Erhalt unserer Wälder erinnern.
Hier erfahren Sie zehn Dinge über die Wälder unserer Erde, die Sie vermutlich überraschen werden.
1. Wie viel Wald ist noch übrig?
Weltweit sind 31% der Landfläche bewaldet. Über die Hälfte der Weltwaldbestände verteilen sich auf nur fünf Länder: Brasilien, Russland, Kanada, China und die USA. Zehn Länder besitzen dagegen überhaupt keinen Wald, darunter Grönland, Island und Ägypten. Jedes Jahr werden 13 Millionen Hektar Wald vernichtet - eine Fläche so gross wie Costa Rica. Zwischen 1990 und 2000 wurde jährlich sogar das Doppelte an Urwald abgeholzt. Allein Afrika hat in einem Zeitraum von zehn Jahren 9% seiner Wälder verloren. Während die Grösse der Regenwälder in den Tropen weiterhin rapide abnimmt, nimmt die Waldfläche in manchen Ländern, wie zum Beispiel China oder auch Deutschland, mithilfe gezielter Aufforstungsmassnahmen zu.
2. Kann man abgeholzten Wald wieder anpflanzen?
Man kann aufforsten, allerdings ist Wald ist nicht gleich Wald. Die wertvollsten Wälder sind die Urwälder, oder auch Primärwälder genannt. In ihnen haben sich komplexe Ökosysteme herausgebildet, weil sie sich ohne menschlichen Einfluss ungestört entwickeln konnten. Urwälder binden Kohlenstoff mehr als jedes andere Ökosystem und funktionieren wie riesige Klimaanlagen. Allerdings sind nur noch 36% aller erhaltenen Wälder Urwälder. Sekundärwälder - nach einer Rodung natürlich nachwachsende Wälder - oder von Menschen angelegte Mischwälder oder schlimmer Monokulturplantagen können bestenfalls nur noch den bei der Abholzung des Primärwaldes emittierten Kohlenstoff einlagern. 25 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen entstehen bei der Vernichtung unserer Wälder! Es dauert Jahrzehnte, bis sich Urwälder regenerieren, und selbst wenn der Wald auf den gerodeten Flächen nachgewachsen ist, lebt nur noch ein Bruchteil der ursprünglichen Tierwelt darin. 70% aller landgebundenen Arten dieser Erde leben in der tropischen Regenwaldzone - und jeden Tag sterben durch die Abholzung 100 Arten aus.
3. Wo liegt der grösste Urwald der Welt?
Der grösste zusammenhängende Urwald liegt nicht etwa in Brasilien oder den Tropen, sondern in Russland - in Sibirien genau genommen. Die Urwälder der kalten bis gemässigten Gebiete nennt man Borealwälder. Diese existieren nur auf der Nordhalbkugel und bestehen aus Koniferen, sibirischen Lärchen, Fichten und Kiefern. Die boreale Nadelwaldzone umfasst ein Drittel der Gesamtwaldfläche der Erde - und geht von Finnland, über Norwegen und Kamtschatka, bis nach Kanada.
4. Gibt es in Deutschland noch einen Urwald?
Ein Drittel der Fläche Deutschlands ist von Wäldern bedeckt, allerdings handelt es sich dabei um Zweitwälder und nicht um die ökologisch hochwertigeren Urwälder. Urwaldähnliche Relikte minimaler Grösse finden sich nur noch im Nationalpark Bayerischer Wald, im Nationalpark Harz, im Thüringer Wald und Nationalpark Kellerwald-Edersee. Dort haben die ältesten Rotbuchen immerhin ein stolzes Alter von 260 Jahren erreicht. In Niederösterreich liegt im Dürrenstein ein ca. 500 Hektar grosses Urwaldgebiet, das seit der letzten Eiszeit keine Axt mehr gesehen hat.
5. Wem gehört der Wald in Deutschland?
In Deutschland ist der grösste Anteil des Waldes - 46% - in Privatbesitz. Das hat zumeist historische Gründe. Die grössten Privateigner von Wald sind Adelsfamilien. Thurn und Taxis verfügt mit 28.000 Hektar über den grössten Privatwaldbesitz in Deutschland, auf den Fürst von Hohenzollern entfallen weitere 14.600 Hektar und Heinrich Fürst zu Fürstenberg besitzt neben seinen 19.000 Hektar Wald in Deutschland auch noch Wälder in Kanada und Österreich. Weitere 20% der deutschen Wälder gehören Körperschaften - dazu gehören Kommunen, Städte und Kirche, aber auch Betriebe. Nur 34% der Waldfläche gehören dem deutschen Staat. Im sogenannten Staatsforst liegen in der Regel militärische Truppenübungsplätze und Naturschutzgebiete.
6. Wie hängen Erderwärmung und Abholzung zusammen?
Wälder binden grosse Mengen an Kohlenstoff und sind nach den Ozeanen die wichtigste Einflussgrösse des globalen Klimas. Bei einer Waldrodung werden nicht nur unseren wertvollsten CO2-Speicher eliminiert, sondern fatalerweise auch gigantische Mengen an Kohlenstoff freigesetzt.
7. Was tut unsere Regierung gegen die Abholzung der letzten Regenwälder?
Die Gesetzgeber kommen trotz des Ernstes der Lage nur sehr langsam voran. Erst im März 2013 wird in der EU ein Gesetz in Kraft treten, das die Einfuhr von illegal abgeholztem Holz und Holzprodukten bestraft. Angesichts der dramatischen Lage ist es unglaublich, dass unsere Bau- und Supermärkte voll mit Waren sind, die aus Tropenholzfasern bestehen.
8. Inwiefern verursacht nicht-nachhaltige Abholzung Armut?
Für ein Viertel der Weltbevölkerung - 1,6 Milliarden Menschen - sind die Urwälder überlebenswichtig. Sie brauchen die Urwälder, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Jedes Jahr werden Waldprodukte im Wert von 270 Milliarden Dollar gehandelt. Wald ist ein nicht zu unterschätzender Beschäftigungsfaktor vieler ländlicher Gemeinden, die sonst keine andere Einkommensalternative haben.
9. Sind Bioprodukte die besser Wahl in Bezug auf Abholzung der Regenwälder?
Tropenwälder werden in unvorstellbaren Dimensionen abgeholzt, um trostlose Palmölplantagen darauf zu bauen. Mit dem Verkauf der gerodeten Hölzer werden die Ölplantagen finanziert. Der Orang-Utan und Berggorilla stehen deswegen kurz vor dem Exitus. Leider setzt auch die Biobranche auf Palmöl. Über 400 Produkte bekannter Hersteller wie Alnatura (dm), Allos, Rapunzel, The Body Shop usw. basieren auf Palmöl. Laut der Naturschutzorganisation "Rettet den Regenwald" verdienen diese Marken daher kein Biosiegel für ökologische Landwirtschaft.
10. Was kann ich ganz konkret tun, um die Abholzung der letzten Urwälder aufzuhalten?
Laut Greenpeace sind wir Deutschen mit einem Verbrauch von 236 kg pro Kopf/Jahr nach den USA die grössten Papierverschwender dieser Erde. Daher sollten wir:
1. Papier sparen, wo es nur geht: doppeltseitig verwenden, nichts ausdrucken, was nicht unbedingt sein muss und Prospekte abbestellen.
2. Papier recyceln und nur recyceltes Papier verwenden. Was viele nicht wissen: Toilettenpapier, Papierservietten, Küchen- und Taschentücher aus "Zellstoff" kommen aus abgeholztem Regenwald. Kaufen sollte man nur Recyclingpapier mit dem Blauen Umweltengel – das ist nachhaltig und wird in Deutschland produziert.
3. Achten Sie im Möbelgeschäft, Baumarkt, aber auch Papier- und Buchhandel auf das Nachhaltigkeitszertifikat FSC und kaufen Sie nur Papier- und Holzprodukte mit diesem. FSC garantiert als einziges Siegel, dass Holz und Papier aus verantwortungsvoller Waldbewirtschaftung und nicht aus Raubbau stammen.
4. Meiden Sie Lebensmittel und Kosmetika, die Palmöl enthalten.
5. Der deutsche Konsument hat sehr viel Macht. Die Nachfrage bestimmt das Angebot. Boykottieren Sie Produkte, für die der letzte Regenwald abgeholzt wird. Informieren Sie Bekannten und Freunde, denn meistens kauft man die falschen Produkte nur aus Unwissen.
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