Ein Video geht gerade auf TikTok und Instagram viral: Ein Mann stellt eine zunächst etwas merkwürdig anmutende Frage, junge Frauen antworten instinktiv. Worum es genau geht? Ob die Frauen im Wald lieber einem Bären oder einem Mann über den Weg laufen würden. Die Antworten sind eindeutig - und erschütternd.
Wenn Sie in einem Wald wären, wem würden Sie lieber begegnen – einem Mann oder einem Bären? Diese etwas schräge Frage trendet gerade auf TikTok und Instagram. Die jungen Frauen, an die sich die Frage richtet, sind sich mit überwältigender Mehrheit einig: Sie würden lieber einem Bären über den Weg laufen als einem Mann.
Was sich zunächst witzig anhört, ist eigentlich alles andere als das. Die Selbstverständlichkeit, mit der viele Frauen den Bären wählen, legt nahe, dass sie instinktiv davon ausgehen, dass ein fremder Mann an einem abgelegenen Ort eine grössere Bedrohung für sie darstellen könnte als ein wildes Tier.
Auch unter den Bär-oder-Mann-Videos, die inzwischen mehrere Millionen Aufrufe haben, finden sich Kommentare von Userinnen, die auf eindrückliche Weise die Probleme aufzeigen, die Frauen im Jahr 2024 noch immer haben:
So schreibt eine Userin unter dem Umfrage-Video (siehe Video oben): "Ich kann das verstehen. Man weiss, was man von einem Bären zu erwarten hat." An anderer Stelle heisst es: "Na ja, wenn mich der Bär angreift, glaubt man mir wenigstens." Eine weitere Frau kommentiert: "Wenn ich von einem Bären attackiert werde, würde wenigstens niemand fragen, was ich anhatte oder ob ich es nicht doch gewollt habe."
Wenn Männer Taten begehen – und Frauen verantwortlich gemacht werden
Fakt ist: Wenn Frauen (sexualisierter) Gewalt und Übergriffen ausgesetzt sind, handelt es sich etwa bei Gewalt in Partnerschaften bei knapp 80 Prozent der Fälle um männliche Täter. Statistisch gesehen ist in Deutschland jede dritte Frau mindestens einmal in ihrem Leben von physischer und/oder sexualisierter Gewalt betroffen.
Und: Insbesondere Frauen haben beigebracht bekommen, dass sie selbst Verantwortung dafür tragen, nicht einer Gewalttat zum Opfer zu fallen. Schon kleinen Mädchen wird beigebracht, dass es nicht sicher ist, knappe Kleidung zu tragen. Oder nachts allein unterwegs zu sein. Oder in einem abgelegenen Park spazieren zu gehen.
Zwar geht die Bedrohung, die dabei immer mitschwingt, aber meist nicht konkret benannt ist, in diesen Szenarien von Männern aus. Doch wird Mädchen bereits früh beigebracht, dass sie selbst die Verantwortung dafür hätten, dass es gar nicht erst so weit kommt.
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Diese Überzeugung ist für viele Frauen ein selbstverständlicher Teil des Alltags. Der ständige Blick über die Schulter, auf dem abendlichen Heimweg von der U-Bahn. Das schlechte Gewissen, wenn man nach der Party doch zu Fuss nach Hause geht, anstatt das Taxi zu nehmen.
Wie gefährdet sich Frauen in ihrem Alltag fühlen, zeigt eine Studie des Bundeskriminalamtes aus dem Jahr 2022. Darin gaben jeweils über die Hälfte der 23.000 befragten Frauen an, es zu vermeiden, nachts allein mit Bus oder Bahn unterwegs (51,7 Prozent; Männer: 23,3 Prozent) oder in bestimmten Parks oder Strassen (57,9 Prozent; Männer: 29 Prozent) unterwegs zu sein und bestimmten Personen bei einer Begegnung auszuweichen (58,5 Prozent, Männer: 26,6 Prozent). Seitens des BKA heisst es dazu: "Dass Frauen wesentlich häufiger ihr Verhalten anpassen, um sich vor Kriminalität zu schützen, zeigt, dass sie im alltäglichen Leben stärker durch Unsicherheitsgefühle beeinträchtigt sind als Männer."
Dass viele Frauen also im Wald lieber einem Bären als einem unbekannten Mann begegnen wollen, ist nach diesem Denkmuster - und offiziellen Studien - also mehr oder minder folgerichtig. Und erschreckend.
Hilfsangebote
- Wenn Sie selbst von häuslicher oder sexualisierter Gewalt betroffen sind, wenden Sie sich bitte an das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" (116 016 oder online), das Hilfetelefon "Gewalt an Männern" (0800/1239900 oder online), das Hilfetelefon "Sexueller Missbrauch" (0800/225 5530), in Österreich an die Beratungsstelle für misshandelte und sexuell missbrauchte Frauen, Mädchen und Kinder (Tamar, 01/3340 437) und in der Schweiz an die Opferhilfe bei sexueller Gewalt (Lantana, 031/3131 400)
- Wenn Sie einen Verdacht oder gar Kenntnis von sexueller Gewalt gegen Dritte haben, wenden Sie sich bitte direkt an jede Polizeidienststelle.
- Falls Sie bei sich oder anderen pädophile Neigungen festgestellt haben, wenden Sie sich bitte an das Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden".
- Anlaufstellen für verschiedene Krisensituationen im Überblick finden Sie hier.
Verwendete Quellen
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