Mal warm, mal kalt: Das Frühjahrs- und Sommerwetter 2014 verwirrte uns mit einem ständigen Auf und Ab der Temperaturen. Kein Wunder, dass sich so mancher bei der Wetterprognose also gern auf die sogenannten Bauernregeln verlässt. Sie basieren teilweise auf langjährigen Wetterbeobachtungen und haben damit oft einen wahren Kern.
Was ist dran am Mythos Bauernregeln? Durch die Einführung des gregorianischen Kalenders im 16. Jahrhundert verschoben sich die überlieferten Stichtage, so dass die meisten Bauernregeln heute für andere Kalenderdaten gelten.
Diese Stichtage werden auch als Lostage bezeichnet, der Name stammt vom alten Wort "losen" für das Befragen des Orakels. Sie waren früher für die Bauern von grosser Bedeutung und basieren oft auf auffälligen Witterungsregelfällen. Die Meteorologen nennen solche abweichende Wetterlagen Singularitäten.
Siebenschläfer
"Wie das Wetter am Siebenschläfer sich verhält, ist es sieben Wochen lang bestellt": Der Siebenschläfertag am 27. Juni hat für die Bauern mit seiner langfristigen Wirkung eine grosse Bedeutung.
Der Name geht auf eine Legende zurück, die Bischof Gregor von Tours im sechsten Jahrhundert ins Lateinische übersetzte.
Demnach sind sieben junge Christen im dritten Jahrhundert in einer Höhle bei Ephesus eingemauert worden.
Danach schliefen sie 195 Jahre, ehe sie am 27. Juni 446 zufällig entdeckt wurden und sofort erwachten.
Laut dem Deutschen Wetterdienst sollte man sich bei der Wetterprognose allerdings nicht an dem einen Junitag orientieren.
Aussagekräftiger ist es, die Witterung Ende Juni/Anfang Juli zu beobachten. Statistische Auswertungen besagen, dass sich diese Witterung in Süddeutschland in bis zu 70 Prozent der Fälle bis Anfang August fortsetzt.
Für den Norden lässt sie sich jedoch meist nicht anwenden.
Hundstage
"Heisse Hundstage prophezeien einen kalten Winter": Diese Wetterperiode (23. Juli bis 24. August) hat nichts mit Hunden, sondern mit Sirius zu tun, der zum Sternbild Grosser Hund gehört.
Die alten Ägypter konnten den Himmelskörper nach der ersten Julidekade wieder am Morgenhimmel sehen, nachdem der Stern zuvor durch die Sonne verdeckt war.
Die anschliessende grosse Hitze erklärten sich die Griechen so: Sonne und Sirius verschmelzen und erzeugen damit hohe Temperaturen.
Die Griechen nannten diese Naturerscheinung "heliakischer Aufgang". Die Römer sahen den Sirius deutlich später am Morgenhimmel. Aus dieser Zeit stammt das Datum 23. Juli.
Heute kehrt der Hundestern erst Ende August an den Morgenhimmel zurück. Grund: Die Erdachse bewegt sich kreiselförmig, so dass sich die Sternbilder mit der Zeit verschieben.
Erst wenn der Grosse Hund nach einem Monat komplett am Himmel zu sehen ist, enden die Hundstage.
Zu diesem astronomischen Phänomen gibt es auch noch andere Bauernregeln wie zum Beispiel diese: "Sind die Hundstage voll Sonnenschein, wird das Jahr recht fruchtbar sein."
Tatsächlich weisen die vieljährigen Wetterstatistiken aber für den Kern-Zeitraum der Hundstage (28. Juli – 7. August) in Mitteleuropa unbeständige Wetterlagen aus.
Altweibersommer
Diese Wärmeperiode im Spätjahr hat viele Namen: "Babie Lato" (Polnisch), "Babje Leto" (Russisch, beides Weiber-Sommer), "Indian Summer" (USA), "été indien" (Kanada, beides Indianer-Sommer) oder "Ruska-Aika" (Finnisch, Zeit der Braunfärbung).
Auch wenn der deutsche Name es vermuten lässt, hat er nichts mit Frauen zu tun. "Weiben" meint im Altdeutschen das Knüpfen von Spinnweben.
Das "Weiben" beschreibt also das Herbst-Phänomen, dass Baldachinspinnen durch die Luft segeln und ihre Spinnfäden hinterlassen.
Die Wärmeperiode Altweibersommer bricht dagegen im September an, wenn in Osteuropa ein Festlandshoch trocken-kontinentale Luft nach Mitteleuropa schickt.
Nur wenige Bauernregeln beschäftigen sich mit dieser Wetterlage. "Ist's zu Allerheiligen rein, tritt Altweibersommer ein", heisst eine der Wetterprognosen.
Rauhnächte
Die Rauhnächte (24. Dezember bis 5. Januar) gehen auf längst vergangene Zeiten zurück, als das Weihnachtsfest noch nicht gefeiert wurde.
Die Entstehung dieses Brauchtums und der dazugehörigen Regeln in der Germanenzeit liegt vor dem Jahr 800, als Karl der Grosse das christliche Wiegenfest auf den 24. Dezember legte.
Der Name geht auf das mittelhochdeutsche "rûch" (haarig) zurück und bezeichnet die Verwandlung von Menschen und Tieren in haarige mythische Wesen.
Anhand jeweils einer der zwölf Nächte wurde ein Monat des neuen Jahres gedeutet. In die Vorhersagen der Alten flossen unterschiedlichste Beobachtungen ein, sogar dem Geschmack des Essens wurde Bedeutung zugemessen.
Scheint etwa die Sonne am achten Tag (2. Januar), so bedeutet das, dass Fische und Vögel im kommenden Jahr in grossen Mengen vorhanden sind.
Zwei Tage später wird aus Sonnenschein gefolgert, dass Unwetter aufziehen. In der Alpenregion finden in der letzten Rauhnacht, dem "Perchtenabend", noch heute traditionelle Maskenumzüge statt, um böse Geister zu vertreiben.
Mariä Lichtmess
Während in einigen Regionen am 2. Februar erst die Weihnachtszeit endet und Krippen sowie Tannen aus den Kirchen und Häusern verschwinden, geht es bei den Bauernregeln schon um das beginnende Jahr.
Einer der vielen Redewendungen lautet: "Ist’s an Lichtmess hell und rein, wird ein langer Winter sein. Wenn es aber stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit."
Über Mariä Lichtmess sind noch andere ländliche Überlieferungen bekannt. Ab diesem Tag soll die Sonne solange scheinen, dass man etwa wieder bei Tageslicht zu Abend essen kann.
Ausserdem begann für die Bauern nach der Winterpause die Arbeit wieder. Schliesslich endete früher das Dienstjahr von Mägden und Knechten am 2. Februar.
Entweder verlängerten sie bei dem Bauern ihren Aufenthalt oder wechselten bis zum 5. Februar ihren Job.
Walpurgisnacht
Der Name stammt von der englischen Heiligen Walburga, die im 8. Jahrhundert lebte. In der Nacht vor ihrem Gedenktag am 1. Mai wird der erste Vollmond zwischen Frühjahrs-Tag-und-Nachtgleiche und der Sommersonnenwende gefeiert.
Seit dem Mittelalter treffen sich Hexen unter anderem auf dem Blocksberg (dem Brocken), um in der Walpurgisnacht ihr Mondfest zu feiern. Heute haben diese Feste aber eher volkstümlichen Charakter.
Aus der Perspektive der Bauern geht es in der Walpurgisnacht um eine Wettervorschau und einen Ausblick auf die Ernte. Obwohl es keine einheitliche Linie gibt, haben die meisten Sprüche folgende Aussage: Regnet es in dieser Nacht, wird das Wetter für den Rest des Jahres gut und die Bauern können auf eine grosse Ernte hoffen.
So lautet eine Version: "Regen in der Walpurgisnacht, hat stets ein gutes Jahr gebracht."
Eisheilige
Mamertus, Pankratius, Servatius, Bonifatius und Sophie waren Märtyrer und Bischöfe aus dem vierten und fünften Jahrhundert.
"Vor Nachtfrost du nie sicher bist, bis Sophie vorüber ist": Obwohl es dann schon Mai ist, kann es an den Namenstagen (eigentlich zwischen dem 11. und 15. Mai) der Heiligen noch einmal frostig werden.
Durch die Einführung des gregorianischen Kalenders geht es heute um die Zeit zwischen dem 23. und 27. Mai, für die es damals wie heute regionale Unterschiede gibt.
Während in Norddeutschland schon Marmertus zu den Kältetagen zählt, beginnt in Süddeutschland die Frostperiode mit Pankratius einen Tag später.
Der Deutsche Wetterdienst geht auf Grundlage der Wetteraufzeichnungen davon aus, dass die Kaltlufteinbrüche in Mitteleuropa zukünftig mit grösserer Wahrscheinlichkeit auftreten als in der Vergangenheit.
Schafskälte
Aus dem Norden strömt Mitte Juni häufig kalte und feuchte Luft Richtung Mitteleuropa und beendet vorerst die warme Witterungsperiode Ende Mai.
Bei einer "echten" Schafskälte sinken die Temperaturen um fünf bis zehn Grad. Zwischen dem 10. und 12. Juni liegt die Wahrscheinlichkeit für unterdurchschnittliche Temperaturen statistisch bei circa 80 Prozent.
Damit die Schafe nicht erfrieren, werden die Tiere erst nach diesen Wetterkapriolen geschoren, so entstand der Name.
(cfl/ah/sag)
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