Ralf Schumacher hat die Beziehung zu seinem Partner öffentlich gemacht - und an manchen Stellen ist fälschlicherweise die Rede von einem Outing. Dabei handelt es sich um ein Coming-Out. Über ein kleines Wort, das einen entscheidenden Unterschied macht - und was beim Coming-Out eine Rolle spielt.

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Die richtigen Worte zu finden, bedeutet: Ich habe verstanden. Es heisst: Es ist mir wichtig. Und das genaue Wort für etwas zu finden, bedeutet für andere auch: Ich bin nicht allein damit. Das, was ich gerade erlebe, ist auch die Lebensrealität anderer Menschen. Sie erleben ähnliche Dinge, fühlen vielleicht sogar das Gleiche dabei. Ein befreiendes Gefühl. Und das gilt ganz besonders im Bereich von Identität, von Liebe und Sexualität.

"Viele Menschen erleben nach einem Coming-out grosse Erleichterung und ein verstärktes Selbstbewusstsein", sagt Chris*tian Gaa (Eigenschreibweise des Namens; Anm.d.Red.) von der Deutschen Aidshilfe im Gespräch mit unserer Redaktion. Er arbeitet bei dem Projekt "Ich weiss, was ich tu", in dessen Rahmen Menschen unter anderem von ihrem Coming-out erzählen.

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Das, wofür die Wörter "Coming-out" und "Outing" stehen, könnte unterschiedlicher nicht sein. Bei einem Coming-out entscheidet eine Person selbst, wann, wie und wem sie von einem bestimmten Thema, etwa ihrer sexuellen Orientierung, erzählt. Im besten Fall kann das eine sehr starke, selbstermächtigende Situation sein: Man wählt den Moment, die Worte und die Menschen aus, mit denen man einen Teil seiner Identität teilen möchte.

Ein Outing ist das genaue Gegenteil davon, wenn jemand die sexuelle Orientierung einer anderen Person ohne deren Zustimmung öffentlich macht. Damit nimmt man einem Menschen das Recht, selbst über etwas sehr Persönliches zu entscheiden.

Erzwungenes Coming-out von Rebel Wilson

Das kann das Gerede im Kollegenkreis sein oder ein Medienartikel, der das Liebesleben Prominenter beleuchten. Ein Beispiel dafür ist die Beziehung der australischen Schauspielerin Rebel Wilson. Sie gab vor zwei Jahren auf Instagram ihre Beziehung zu einer Frau bekannt. Allerdings handelte es sich um ein erzwungenes Coming-out, wie die Schauspielerin später erklärte: Ein Journalist hatte sie zuvor informiert, dass er ihre Beziehung öffentlich machen würde und gab ihr die Möglichkeit, dem Outing zuvorzukommen.

Ob nun berühmt oder nicht: Ein Coming-out spielt eine wichtige Rolle im Leben vieler queerer Menschen. Dabei lassen sich laut Gaa zwei verschiedene Phasen unterscheiden: das innere und das äussere Coming-out.

Bei Ersterem geht es darum, sich mit sich selbst und seiner geschlechtlichen oder sexuellen Identität auseinanderzusetzen und ein Bild davon zu entwickeln, zu wem man sich hingezogen fühlt oder wie man sich definiert.

Das äussere Coming-out ist der Moment, wenn man mit anderen Menschen über die eigene sexuelle oder geschlechtliche Identität spricht oder öffentlich macht. "Einige Menschen gehen sehr offen damit um, andere outen sich nur bei bestimmten Personen. Genauso verzichten manche ganz auf ein äusseres Coming-out", sagt Gaa. "Das ist immer eine individuelle Entscheidung, die einem von niemanden genommen werden sollte."

Schlussendlich sei jede für sich getroffene Entscheidung die richtige Entscheidung: "Am Ende kommt es darauf an, was sich für einen 'gut' anfühlt. Das hängt auch stark vom Umfeld ab."

Coming-out: Wenn es vielleicht noch schwerfällt

Viele, die sich dazu entschliessen, über ihre Identität oder Orientierung zu sprechen, fangen laut Gaa gerne bei den Menschen an, denen sie vertrauen.

Falls man niemanden habe, könne man sich an verschiedene telefonische oder Onlineberatungsangebote wie zum Beispiel In & Out oder das Kinder- und Jugendtelefon der "Nummer gegen Kummer" wenden: "Auch gibt es in Deutschland viele queere Zentren, wo man hingehen und frei über sich sprechen kann."

Weitere Informationen zum Coming-Out

An diese Stellen kann man sich auch wenden, wenn man von einer anderen Person geoutet wurde. Gaa rät in einem solchen Falle auch dazu, sich mit Menschen, denen man vertraut, auszutauschen. Ob man die Person, die einen geoutet hat, darauf anspricht, dass ein ungefragtes Outing nicht in Ordnung ist, sei eine ganz individuelle Entscheidung. Das könne etwa davon abhängen, wie viel Kraft man dafür habe oder ob man die Person persönlich kenne. "Je nach Kontext kann ein Outing auch Diskriminierung sein oder sogar strafbar. Wir empfehlen, sich gegebenenfalls an geeigneten Stellen beraten zu lassen und auch zu wehren."

Transidentität: Jonas' langer Weg vom Coming-out bis zur OP

Vor fünf Jahren hat Jonas sich als trans geoutet, seit über einem Jahr nimmt er Testosteron und die Mastektomie, die Operation zur Angleichung an die männliche Brust, steht ihm kurz bevor. Jonas wurde bei seiner Geburt dem weiblichen Geschlecht zugeordnet, doch so fühlt er sich nicht.
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