Für Millionen Musliminnen und Muslime ist das abendliche Fastenbrechen während des Ramadan eine ganz besondere Zeit. Das ist auch bei Familie Ali aus Siegen so. Von Gebeten und abendlichen Gaumenfreuden.
Mezkin Ali hat den Tisch mit dem feinen Geschirr gedeckt. Und sie hat gut für die Familie gekocht, lauter Lieblingsgerichte. Doch gegessen wird erst, wenn die Sonne untergegangen ist. Denn diese Mahlzeit ist eine besondere. Es ist der muslimische Fastenmonat Ramadan und am Abend steht das Fastenbrechen bevor.
"Mama und Papa haben nichts gegessen und nichts getrunken", sagt die fünfjährige Pelin. Ihre Eltern sind Muslime. Mezkin Ali und ihr Mann Shirgo Ali halten sich an die Regeln für den Ramadan. Derzeit fasten sie den ganzen Tag lang und beten fünfmal am Tag. In einem eigenen Ramadan-Kalender stehen die genauen Uhrzeiten dafür.
"O Allah, um Deinetwillen habe ich gefastet und an Dich geglaubt und mit Deiner Versorgung breche ich das Fasten." Mit diesen Worten, auf Arabisch, beginnt das Fastenbrechen. Die Mutter nimmt eine getrocknete Dattel in die Hand. Sie spricht ihrem Sohn Jan das uralte Gebet vor, und der zehnjährige Junge spricht den Text nach. Nach einem Blick zum Himmel geht der Gruss an alle, die am Tisch sitzen: "Bismillah!", "Im Namen Gottes!", wünschen alle einander einen guten Appetit.
Langsam wird der leere Magen nun gefüllt. Erst mit ein oder zwei Datteln, dann mit einer wärmenden Linsensuppe. "Eine Suppe gehört bei uns im Ramadan immer dazu", sagt Vater Shirgo Ali. Das kann auch eine Gemüsesuppe sein oder die erfrischende Mehîr. Diese gekühlte Suppe mit Joghurt und Weizen kennen die Eltern aus ihrer kurdischen Heimat im Norden des Landes Syrien. Zur Linsensuppe essen sie Kibbeh, knusprige Bällchen mit Hackfleisch.
Was bei Familie Ali nur im Ramadan auf den Tisch kommt
Familie Ali nimmt sich Zeit beim Essen. Die Eltern reden mit den Kindern und mit den Verwandten, die sie zu sich ins Haus in der Stadt Siegen eingeladen haben. Sie nehmen sich von dem gebratenen Hähnchen, vom Reis und von dem Eintopf aus Okraschoten, Lammfleisch und Tomaten, der bei ihnen Bamya heisst. Sie trinken ein Limo-Gemisch aus Fruchtsirup und Wasser. Das gibt es bei ihnen nur im Monat Ramadan.
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Nach dem Essen ist die Zeit für das letzte Gebet des Tages, das Ischa-Gebet. Mezkin und Shirgo Ali und auch die 14 Jahre alt Tochter Jin suchen sich irgendwo im Haus einen stillen Ort dafür. Sie beten auf einem kleinen Teppich, den sie nach Osten ausrichten. In dieser Richtung liegt Mekka, die für sie heilige Stadt. Beim Beten knien sie sich auf den Boden und stehen wieder auf, ein paar Mal nacheinander. Mezkin Ali sagt: "Die Bewegung tut gut."
Die fünf Gebetszeiten
- Schon am sehr frühen Morgen wird zum ersten Mal gebetet.
- Das Mittagsgebet sprechen die Gläubigen, wenn die Sonne ihren höchsten Punkt schon überschritten hat.
- Es folgen ein Gebet am späten Nachmittag sowie das Abendgebet nach Sonnenuntergang. Der Tag schliesst, wenn es dunkel geworden ist: mit dem Nachtgebet.
Auf alle wartet dann noch ein Dessert. In einer grossen runden Form serviert die Mutter eine Süssspeise, die typisch ist fürs Fastenbrechen: Kunafa, ein Kuchen aus feinsten Fadennudeln, Mozzarella und Zuckersirup.
Ramadan endet in diesem Jahr mit dem dreitägigen Fest des Fastenbrechens, das am 10. April beginnt und auch Zuckerfest genannt wird. Kinder erhalten dann oft Geschenke und Süsses, man trifft sich mit Verwandten, betet und feiert. (dpa/tar)
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