Der Kellner im Restaurant räumt nach dem Essen die Teller ab und fragt: "Hat's geschmeckt?" Eine höfliche Frage - die wirklich immer eine ehrliche Antwort verdient? Wir haben eine Knigge-Expertin befragt.

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Beim Essengehen gehört die Frage so selbtsverständlich dazu wie das Amen in der Kirche. Kellnerinnen und Kellner stellen sie meistens, während sie die Teller abräumen: "Hat es geschmeckt?"

Ähnlich wie "Geht's dir gut?" ist die Frage so alltäglich, dass man meinen könnte: Es ist ja nur eine Floskel - also kann man genauso floskelhaft antworten?

Das sieht man beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband e. V. (DEHOGA) anders: "Die Nachfrage ist keine simple Höflichkeitsklausel, sondern eine Rückversicherung dafür, dass der Gast zufrieden war und die Möglichkeit hat, eine konstruktive Kritik zu platzieren", heisst es auf Anfrage unserer Redaktion. In einer Branche, die für Gastfreundschaft stehe, habe die Frage einen hohen Stellenwert. Das direkte Gespräch mit dem Gast sei ein wichtiges Instrument für gute Qualität.

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Tatsächlich gibt auch die Mehrzahl der Deutschen laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag unserer Redaktion dem Kellner oder der Kellnerin keine floskelhafte Rückmeldung: 63 Prozent geben an, bei der Frage ehrlich zu antworten - 33 Prozent sogar "eindeutig ehrlich", 30 Prozent "eher ehrlich".

Ein Viertel (26 Prozent) sagt, die Frage "teils, teils" ehrlich zu beantworten. Zehn Prozent geben zu, nicht ehrlich zu sein.

Unterschiede zeigen sich dabei zwischen den Altersgruppen. Jüngere Personen geben etwas häufiger an, unehrlich auf die Frage zu antworten: 17 Prozent von den 18- bis 29-Jährigen, hingegen sind es in der Altersgruppe 65+ nur acht Prozent.

Doch was tun, wenn es einfach nicht schmeckt?

Welche Antwort ist aber nun angemessen? Meistens sei ja davon auszugehen, dass das Essen gut war und der Gast zufrieden, sagt dazu die Stellvertretende Vorsitzende des Vorstands der Deutschen-Knigge-Gesellschaft, Linda Kaiser. Auf die höfliche Nachfrage laute die angemessene Antwort deshalb: "Ja."

"Gerne gehört wird in diesem Zusammenhang auch ein Lob an die Küche oder man hebt eine Besonderheit der genossenen Speise hervor." Unverträglichkeiten und Vorlieben sollte man schon beim Bestellen besprechen, rät Kaiser.

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Und wenn der Gast nicht zufrieden ist? Dann ist aus Kaisers Sicht der richtige Zeitpunkt für die Kritik nicht erst beim Abräumen: "Wenn das Essen mangelhaft oder ungeniessbar ist, sollte unmittelbar nach dem Feststellen des Mangels eine Reklamation erfolgen. Dazu macht man beim Service auf sich aufmerksam und erklärt ruhig und sachlich, was nicht stimmt. In der Regel wird eine Nachbesserung oder der Austausch des Gerichts angeboten", führt sie im Gespräch mit unserer Redaktion aus.

Manche Gäste würden sich aus Scham womöglich zurückhalten, eine ehrliche Einschätzung zu geben, bemerkt dazu der DEHOGA. Allerdings sei nur eine ehrliche Rückmeldung auch zielführend.

Schock beim Friseur: Überspielen oder nicht?

Das gilt im Übrigen auch für den Besuch beim Friseur. Wer seinen neuen Haarschnitt schockiert im Spiegel des Salons begutachtet, gibt deswegen noch lange keine ehrliche Rückmeldung, beobachtet Kaiser: "Allerdings hilft es auch in diesem Fall beiden Seiten, direkt über das unglückliche Ergebnis zu sprechen. Auch wenn sich erstmal nichts ändern lässt, hilft es der Kundin oder dem Kunden, den Schreck besser zu verdauen und das Ergebnis zu verstehen."

Zudem sei beim Friseur immer dazu geraten, den Vorgang aufmerksam zu begleiten und am besten nachzufragen, wenn man das Gefühl hat, dass etwas nicht gut läuft: "Oft kann dann auch noch unmittelbar etwas geändert werden oder Stylingtipps für den Übergang besprochen werden."

Über die Gesprächspartnerin

  • Linda Kaiser ist stellvertretende Vorsitzende des Vorstands der Deutschen-Knigge-Gesellschaft e.V. Sie arbeitet als Image- und Stilberaterin sowie Trainerin für Business-Etikette.

Weitere verwendete Quellen

  • Exklusive Civey-Umfrage
  • Anfrage beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband e. V. (DEHOGA)

Informationen zur Umfrage-Methode

  • Für die repräsentative Umfrage hat das Meinungsforschungsinstitut Civey die Antworten von rund 5.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern berücksichtigt.
  • Das Gesamtergebnis ist repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren.
  • Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben unter anderem Daten wie Alter, Geschlecht und Wohnort angegeben und wurden registriert und verifiziert.
  • Civey korrigiert Verzerrungen durch ein mehrstufiges Gewichtungsverfahren.
  • Der Befragungszeitraum war 13.09. bis 17.09.2024.
  • Der statistische Fehler der Ergebnisse beträgt 2,5 Prozentpunkte.
  • Zusätzliche Informationen zur Methode finden Sie auf Civey.com und im Civey-Whitepaper.
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