Wer vor 25 Jahren den Namen Tristan Brübach gehört hat, erinnert sich vermutlich noch: Der brutale Mord an dem 13-Jährigen sorgte weit über die Grenzen Frankfurts hinaus für Entsetzen. Inzwischen ist der letzte Ermittler in Pension, der den Fall von Anfang an begleitete.
Als Tristan Brübach tot am Liederbachtunnel am Höchster Bahnhof gefunden wurde, war es ein Mordfall, der weit über die Grenzen Frankfurts Menschen aufwühlte. Spielende Kinder hatten am späten Nachmittag des 26. März 1998 die verstümmelte Leiche des 13 Jahre alten Jungen gefunden. Es schien fast, als hätte der Mörder Tristan dort präsentiert. Nicht einmal eine Stunde zuvor war der 13-Jährige noch lebend gesehen worden. Der Täter ist bis heute unbekannt.
Es war das schreckliche Ende eines kurzen Lebens. Auf den Zeugenaufrufen blickte den Menschen ein blonder Junge mit leicht trotzigem Gesichtsausdruck entgegen. Tristan war viel allein unterwegs gewesen - die Mutter war früh gestorben, der Vater zog ihn allein auf. Noch am Nachmittag des Mordes war er auf einer Bank am Höchster Bahnhof gesehen worden.
Fingerabdruck gibt bis heute Rätsel auf
25 Jahre später sind die meisten Spuren kalt geworden. Versuchte zunächst eine grosse Sonderkommission, den Fall aufzuklären, ging zuletzt nur noch ein Ermittler Hinweisen nach, die etwa im Zusammenhang mit anderen Kriminalfällen geprüft wurden. "Tatsächlich ist der letzte Kollege, der den Fall von Anfang an kennt, in Pension", sagt Thomas Hollerbach, Pressesprecher im Frankfurter Polizeipräsidium. "Die bisher erlangten Ermittlungsansätze wurden nach den derzeitigen Möglichkeiten der Kriminaltaktik und -technik ausgeschöpft. Wir gehen jedoch selbstverständlich weiterhin jedem Hinweis nach, der zur Tataufklärung beitragen könnte."
Dabei werden auch neueste und modernste kriminaltechnische Möglichkeiten mit einbezogen, sofern sich auf diesem Gebiet seit dem Mord an Tristan Neuerungen ergeben haben. "Bislang war dies jedoch erfolglos", sagt Hollerbach.
Auch nach 25 Jahren sind wichtige Fragen weiter offen. Da ist zum einen ein mit Tristans Blut gelegter Fingerabdruck, eine der wichtigsten Spuren dieses Falles. Er wird in regelmässigen Abständen mit vorhandenen Daten abgeglichen – bisher ohne Erfolg. Zudem ist noch immer ungeklärt, wer nach der Tat im Besitz von Tristans Rucksack war, der erst im März 1999 gefunden wurde.
Wer war der Mann an Tristans Seite?
Noch immer steht der Fahndungsaufruf des Bundeskriminalamts (BKA) zum Fall Tristan online - aktualisiert wurde er allerdings zuletzt im Jahr 2015, wie auf der Website zu lesen ist. Auch das Phantombild eines unbekannten Mannes im Alter von damals 20 bis 30 Jahren kursiert noch. Mehrere Zeugen hatten den Mann mit dem Jungen gesehen - identifiziert wurde er bislang nicht.
Verdächtige, gegen die im Zusammenhang mit anderen Straftaten ermittelt wurde, wurden im Zusammenhang mit dem Mord an dem 13-jährigen überprüft. So etwa ein mutmasslicher Serienmörder - bislang vergeblich.
Christian B.: Auch Täterschaft von "Maddie"-Verdächtigem geprüft
Erst vor drei Jahren prüften die Ermittler einen weiteren neuen Ansatz, sagt Nadja Niesen, Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft: "Im Rahmen des hiesigen Ermittlungsverfahrens wegen Mordes an Tristan Brübach wurde auch eine mögliche Täterschaft von Christian B., gegen den im Fall "Maddie" ermittelt wurde, geprüft", sagt sie. "Es ergab sich jedoch kein konkreter Tatverdacht."
Das zuletzt mit dem Fall befasste Kommissariat K11, CCU (Cold Cases Unit), des Polizeipräsidiums Frankfurt geht weiter Hinweisen nach - wenn sie denn auftauchen. "Erfolgversprechende Hinweise hat es zuletzt aber nicht mehr gegeben und eine Tataufklärung wird natürlich mit zunehmendem Zeitablauf immer schwieriger", räumt Niesen ein.
Hobby-Ermittler haben ihre eigenen Theorien
Resonanz gebe es aber immer, wenn wieder einmal über den Fall in den Medien oder sogenannten True-Crime-Podcasts berichtet werde, sagt die Staatsanwältin. Insgesamt gingen mehr als 23.000 Hinweise ein.
In Internetforen diskutieren selbst ernannte Hobby-Ermittler ihre eigenen Theorien - auch heute noch. Der Mordfall Tristan lässt vielen keine Ruhe. Zudem gibt es eine Website und Facebook-Seite von Privatleuten, die Tristan Brübach vor dem Vergessen bewahren wollen.
Auf dem Hauptfriedhof Höchst erinnert dank der privaten Initiative seit 2018 ein kleines, einem Grab nachempfundenes Denkmal an den Jungen. Tristans Grab wurde mittlerweile wie das umgebende Gräberfeld eingeebnet. Das Grabkreuz und ein steinernes Herz, das auf dem ursprünglichen Grab standen, sollen nun an der Gedenkstätte an ihn erinnern. Die Aufschrift ist schlicht: Tristan - geboren 1984 - ermordet 1998. (dpa/af)
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