Rund eine Millionen Menschen im Süden Frankreichs und Norden Spaniens sprechen baskisch - und das womöglich schon seit Jahrtausenden. Dabei hat sich die Sprache gegen alle äusseren Einflüsse gewehrt und gilt als einzige isolierte Sprache Europas. Eine Spurensuche im Wortdschungel.
Die Stadt San Sebastian gilt mit ihrer malerischen Bucht als eine der schönsten Städte Spaniens. Sie liegt im Baskenland und ist Urlaubsziel etlicher Touristen. Wer einmal hier war, der kommt wieder.
In der Stadt sprechen die Menschen ganz offiziell zwei Amtssprachen, spanisch und baskisch. Letztere ist seit Jahrhunderten ein Kuriosum für Sprachforscher.
Ein Beispiel: Auf Spanisch heisst es "fuego", auf französisch "feu", auf deutsch "Feuer" und auf baskisch? Entweder "su", "sute" oder "sutzar".
Das hört sich nicht wirklich ähnlich an und genau das ist das Besondere am Baskischen: Es ist womöglich die älteste noch lebende Sprache Europas und gleichzeitig ist sie mit keiner anderen europäischen Sprache verwandt.
Mythen um die versunkene Stadt Atlantis
Es sind sagenumwobene Mythen, die sich um diese Sprache ranken. Die Bizarrste ist, dass das Baskische die Sprache der Überlebenden von Atlantis sei.
Das gilt zwar wissenschaftlich als unhaltbar, wie der Atlantis-Mythos insgesamt, und doch stellt die menschliche Fantasie immer wieder Bezüge zur Vorstellung von der versunkenen Stadt her.
Die Wissenschaft weiss, dass sie in diesem Fall so gut wie nichts weiss. Man vermutet, dass Euskera - das ist der Name der Sprache auf baskisch - eine vorindogermanische Sprache ist.
Indogermanisch oder indoeuropäisch ist die bis heute sprecherreichste Sprachfamilie der Welt. Aus dieser Ur-Familie haben sich unter anderem die romanischen Sprachen (Italienisch, Spanisch, ...), germanische Sprachen (Deutsch, Englisch, ...) und sogar indoiranischen Sprachen entwickelt. Daneben gibt es die uralischen (Finnisch, Ungarisch, ...), den Turksprachen (Türkisch, Usbekisch, ...) und die semitischen Sprachen (Hebräisch, Arabisch, ...).
Alle Menschen sprechen Tochtersprachen dieser Sprachfamilien. Nur eben die Basken nicht.
Euskera gilt als isolierte Sprache und das kommt ausgesprochen selten in der Sprachgeschichte vor, denn normalerweise beeinflussen sich Sprachen immer.
Das sieht man an der Deutschen Sprache ganz gut, denn die enthält ein Sammelsurium an Fremd- oder Lehnwörtern - vom Engagement über den Computer zur Biologie.
Eine ständig eingekesselte Kultur
Die grösste Herausforderung für die Sprachforscher ist, dass es erst seit dem 16. Jahrhundert schriftliche Aufzeichnungen auf Baskisch gibt. Alles vorher wurde meist mündlich überliefert.
Verwunderlich ist das nicht, schliesslich war das Baskenland im Laufe der Geschichte immer von grösseren Mächten umgeben, die nicht gewillt waren, auf Baskisch zu kommunizieren.
Das begann beim römischen Reich und endete mit der Franco-Diktatur im Jahr 1974. Francisco Franco verbot den Gebrauch von Regionalsprachen – der patriotische Spanier sollte nur Hochspanisch, also Kastilisch sprechen.
Heute ist Baskisch eine der vier offiziell anerkannten Amtsprachen in Spanien.
30.000 Verbformen – 16 Fälle
Wer jetzt baskisch lernen will, sollte einen langen Atem mitbringen. Denn das ist alles andere als leicht.
Grammatik-Forscher aus dem 18. Jahrhundert haben nicht weniger als 30.000 Möglichkeiten gezählt, welche unterschiedlichen Formen nur ein einziges Verb annehmen kann.
Den vier verschiedenen Fällen im Deutschen stehen 16 Fälle im Baskischen gegenüber.
Und doch erlebt das Baskische gerade ein Revival. Die Basken Spaniens und Frankreichs sind sehr stolz auf ihre einmalige Sprache und so können Schulkinder im baskischen Teil Spaniens entscheiden, ob sie ihren Unterricht auf Baskisch oder Kastilisch wollen.
Die Strassenschilder gibt es sowieso in zweisprachiger Ausführung.
Ongi etorri im Baskenland
Und wie sieht diese Sprache nun aus? Am besten sieht man das bei einigen Grundvokabeln, die allen ans Herz gelegt seien, die die malerischen Altstädte von San Sebastian, Pamplona oder Vitoria-Gasteiz erkunden wollen.
"Kaixo" heisst so viel "Hallo" und "ongi etorri" so viel wie "willkommen". "Bat", "bi", "hiru", "lau", "bost", "sei", "zazpi", "zortzi", "bederatzi", "hamar", sind die Zahlen von eins bis zehn.
Zur Verabschiedung sagt man kurz und einfach "Agur".
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