Über Jahrzehnte kam es im Bundesstaat Bihar in Nordindien zu rätselhaften Todesfällen unter Kindern. Mediziner waren lange ratlos, doch jetzt hat ein Forscherteam die Ursache für das seltsame Leiden aufgeklärt: Ein Stoff, der in Litschis enthalten ist, hatte die Erkrankungen ausgelöst.

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Seit 1995 kam es bei Kindern in Nordindien immer im Mai und Juni zu seltsamen Erkrankungen. Die Kinder litten unter Krampfanfällen und Bewusstseinsstörungen. Ärzte stellten eine akute Schwellung des Gehirns (Encephalopathia) fest. Ein Drittel der Betroffenen starb an der rätselhaften Epidemie.


Nach mehr als 20 Jahren haben Wissenschaftler nun die Ursache für das mysteriöse Leiden herausgefunden und im Fachjournal "The Lancet" veröffentlicht.

Zuvor hatten Mediziner Vergiftungen durch Schwermetalle und Pestizide oder eine Virusinfektion als Ursache vermutet. Untersuchungen konnten die Annahme jedoch nicht bestätigen.

Auffällig war, dass die betroffenen Kinder ungewöhnlich niedrige Blutzuckerwerte aufwiesen. Das Forscherteam um Padmini Srikantiah von den US Centers for Disease Control and Prevention in Atlanta kam so auf die Idee, dass die Kinder an den Folgen einer Hypoglykämie starben.

Kinder aus armen Verhältnissen betroffen

Bei den Betroffenen handelte es sich um Kinder aus armen Verhältnissen, die Litschis aufgesammelt und auf leeren Magen gegessen hatten. Einige der Kinder hatten ihr Abendessen komplett durch die süssen Litschis ersetzt. Litschis werden im indischen Bundesstaat Bihar seit einigen Jahren angebaut. Die Erntezeit der Früchte liegt in den Monaten, in denen die Erkrankungen immer wieder auftreten.


Die Früchte enthalten die Aminosäure Hypoglycin, die verhindert, dass der Körper Glukose produziert. Die Folge ist, dass der Blutzuckerspiegel abfällt. Da die betroffenen Kinder ohnehin einen sehr niedrigen Blutzuckerspiegel hatten, führte der Konsum der Hypoglyzin-haltigen Früchte zu den oft tödlichen Beschwerden.

Inzwischen hätten die Ärzte die Eltern aufgeklärt. Sie empfahlen, darauf zu achten, dass sich der Litschi-Konsum ihrer Kinder in Grenzen hält und dass sie immer zusätzlich ein reguläres Abendessen bekommen sollten.

Der Forschungserfolg des Mediziner-Teams und die darauffolgenden Aufklärungsaktionen in den betroffenen Regionen zeigen bereits Wirkung: Mittlerweile ist die Zahl der Erkrankungen und Todesfälle deutlich zurückgegangen. (ada)


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