Cordt Winkler hat vor rund 20 Jahren die Diagnose Schizophrenie bekommen. In einem Buch berichtet er jetzt, wie es ist, mit der Krankheit zu leben. Dabei beschreibt er auch Wahnvorstellungen und absurde Situationen.

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Verfolgungswahn, eine verschobene Wahrnehmung und Panikanfälle: Cordt Winkler war Anfang 20, als er die Diagnose paranoide Schizophrenie erhielt. In Deutschland erkranken pro Jahr rund 15.600 Personen neu an der Krankheit. Im Durchschnitt erlebt eine von 100 Personen irgendwann in ihrem Leben einmal eine schizophrene Episode.

Eine Krankheit mit vielen Gesichtern

Schizophrenie bedeutet nicht gespaltene Persönlichkeit, wie viele Menschen zunächst vermuten. Stattdessen zählt ein ganzes Muster von Störungsbildern zu der Krankheit, darunter Wahn, Halluzinationen und Denkstörungen.

Es kommt beispielsweise vor, dass Betroffene sich von ihren Mitmenschen beobachtet fühlen oder dass sie bestimmte Ereignisse in ihrer Umgebung auf sich beziehen. So können sie davon überzeugt sein, dass Nachrichten im Fernsehen eine versteckte Botschaft für sie enthalten. Hinzu kommen Symptome wie Freudlosigkeit oder sozialer Rückzug.

Die meisten Betroffenen erleben im Laufe ihres Lebens mehrere solcher Episoden. Dazwischen können die Symptome sich vollständig zurückbilden.

Cordt Winkler hat ein Buch über sein Leben mit der Krankheit geschrieben - insbesondere will er damit Vorurteilen begegnen und zeigen, dass man mit der Diagnose Schizophrenie gut leben kann.

Herr Winkler, wie geht es Ihnen im Moment?

Cordt Winkler: Aktuell geht es mir sehr gut. Ich fühle mich im Gleichgewicht, nehme meine Medikamente und mache mir nicht zu viele Gedanken.

Sie haben ein sehr persönliches Buch geschrieben, in dem Sie viel von sich preisgeben. Welche Erfahrungen haben Sie damit gemacht?

Ich habe sehr viele positive Rückmeldungen bekommen - insbesondere von Menschen, die selbst betroffen sind oder von Menschen, die jemanden mit der Krankheit in der Familie oder im näheren Bekanntenkreis haben.

Sie gehen in Ihrem Buch sehr humorvoll mit Ihrer Krankheit um.

Manche Dinge sind einfach skurril. Es gibt absurde Situationen, über die ich selbst später lachen kann. Wenn ich zum Beispiel im Bademantel auf der Strasse stehe und ein Stück Fleisch in der Hand halte, weil ich ein Organ verpflanzen will und mir dabei noch den Bauch mit Marmelade einreibe, dann darf man das durchaus auch einmal lustig finden.

Man liest aus dem Buch aber auch, dass Sie sich über einige Vorurteile ärgern. So sprechen Sie zum Beispiel gar nicht so viel von Schizophrenie, sondern nennen es inzwischen eher Ihre "Tüdelüt-Phasen". Warum?

Insbesondere Schizophrenie ist mit vielen Vorurteilen behaftet. Viele Menschen glauben, dass damit eine gespaltene Persönlichkeit gemeint ist, aber das ist eine ganz andere Erkrankung. Ich möchte mit dem Buch darüber aufklären, dass man auch mit der Krankheit ein gutes Leben führen kann.

Wie sieht Ihr Alltag typischerweise aus?

Ich habe eine Teilzeitstelle und arbeite an vier Tagen in der Woche. Ausserdem führe ich eine Fernbeziehung mit meinem Mann in Kopenhagen und bin dadurch viel unterwegs. Ansonsten koche ich gerne, gehe ins Kino und treffe mich mit Freunden.

Sie haben sich inzwischen dazu entschieden, dauerhaft Medikamente einzunehmen. Wie kam es dazu?

Ich habe verschiedene Absetzversuche gemacht, die alle nicht sehr gut gelaufen sind. Das Perfide ist, dass sich meine Krankheitssymptome immer sehr langsam wieder angeschlichen haben, sodass ich sie oft gar nicht bemerkt habe. Das ging zum Beispiel ganz diffus mit Schlafstörungen los - Symptome, die man auch so mal haben kann.

Dadurch habe ich oft den Punkt verpasst, rechtzeitig ein Notfallmedikament einzunehmen und habe dann eine schizophrene Episode entwickelt. Also habe ich für mich entschieden, dauerhaft Medikamente zu nehmen. Es kann aber natürlich sein, dass ich das in ein paar Jahren wieder anders sehe.

Wie geht Ihr Partner mit der Krankheit um?

Er ist sehr entspannt. Meistens ist es gar kein Thema zwischen uns. Aber er ist natürlich sehr interessiert daran, dass es mir gut geht. Wenn ich ihm zum Beispiel erzähle, dass ich schlecht schlafe, dann bittet er mich schon darum, aufmerksam zu sein und das zu beobachten.

Was raten Sie anderen Menschen, die selbst betroffen sind?

Wichtig ist immer, Geduld mit sich zu haben und liebevoll mit sich selbst umzugehen. Ich halte es für entscheidend, sich mit der Krankheit zu befassen und natürlich auch, sich Hilfe zu suchen. Dazu kann es gehören, Medikamente einzunehmen. Es kann aber auch bedeuten, zur Unterstützung eine Psychotherapie zu machen und sich ein stabiles soziales Umfeld aufzubauen.

Sie gehen sehr offen mit Ihrer Erkrankung um. Raten Sie das auch anderen?

Ich habe für mich die Erfahrung gemacht, dass es mir am besten geht, wenn ich offen mit der Krankheit umgehe. Das bringt nicht nur mich in eine starke Position, sondern ich hoffe, dass es auch dazu beiträgt, Vorurteile abzubauen.

Es muss natürlich jeder selbst entscheiden, wie er das macht. Ich habe zum Beispiel auch an meinem Arbeitsplatz gute Erfahrungen mit meiner Offenheit gemacht, aber das muss natürlich nicht überall so sein.

Verwendete Quellen:

  • Gespräch mit Cordt Winkler
  • Cordt Winkler: Ich ist manchmal ein anderer. Mein Leben mit Schizophrenie, München 2019.
  • Robert Koch-Institut, Statistisches Bundesamt: Heft 50: Schizophrenie. Gesundheitsberichterstattung des Bundes.
  • Dossier: Psychische Erkrankungen in Deutschland: Schwerpunkt Versorgung Eine Publikation der DGPPN
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