Jeder vierte Senior ist in den letzten fünf Jahren Opfer eines Raubüberfalls oder Betrugs geworden. Die von Pro Senectute in Auftrag gegebene Studie zeigt erstmals das Ausmass des Finanzmissbrauchs von Menschen über 55 Jahren.

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Ältere Menschen sind ein Hauptziel für Diebe und Betrüger aller Art. Eine vom Verein Pro Senectute in Auftrag gegebene Studie zeigt das Ausmass des Finanzmissbrauchs älterer Menschen mit Wohnsitz in der Schweiz: Unter den über 55-Jährigen war in den letzten fünf Jahren jede vierte Person von Diebstahl oder Betrug betroffen. Jede fünfte Person erlitt dabei einen finanziellen Verlust.

Die gestohlene Summe variiert in der Regel zwischen 300 und 400 Franken. Der grösste in dieser Studie gemeldete Verlust beträgt mehr als 500.000 Franken. Würde man die Ergebnisse auf alle in der Schweiz lebenden Personen über 55 Jahre ausweiten, ergäbe dies einen Verlust von rund 400 Millionen Franken pro Jahr.

Diebstahl verursacht Schäden

Fragwürdige Geschäftspraktiken sind die am häufigsten gemeldeten Betrugsfälle (59 Prozent). Dazu gehört beispielsweise der Verkauf unnötiger Dienstleistungen (Abonnements, Hausarbeiten, Versicherungen, Hörgeräte oder Sicherheitssysteme) oder unerwünschter Waren (Wein, Kosmetik, Lebensmittel).

In der überwiegenden Mehrheit der Fälle werden Verträge telefonisch abgeschlossen, und Direktverkäufer können die hörgeschädigte oder verwirrte Person davon überzeugen, Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, die diese nicht will. Die meisten Opfer kommen jedoch ohne finanzielle Verluste davon.

Die Missbräuche, welche die schwerwiegendsten Folgen haben, sind Diebstahl. Sie betreffen nur 13 Prozent der gemeldeten Handlungen, aber in fast 9 Prozent der Fälle erleiden die Opfer finanzielle Verluste, die oft von einem Gefühl der Angst, Unsicherheit und Belästigung begleitet werden.

In Bern missbrauchte ein Dieb die Hilfsbereitschaft von Heinz Wyss und klaute diesem auf offener Strasse 1.000 Franken aus dem Portemonnaie.

Missbrauch durch Angehörige

Unter den anderen genannten Missbräuchen sind 28 Prozent Formen der Cyberkriminalität (Phishing, Falschanzeigen) oder Betrug (falsche Rechnungen, Fremder in Not, falsche Gewinnversprechen).

Die Studie zeigt, dass sich Männer (28 Prozent) mehr Sorgen über Finanzmissbrauchs-Versuche machen als Frauen (23 Prozent). Menschen zwischen 55 und 64 Jahren sind von fragwürdigen Geschäftspraktiken, Cyberkriminalität und Betrug stärker betroffen als andere Altersgruppen. Menschen über 85 Jahren sind häufiger Opfer von finanziellem Missbrauch durch Angehörige.

Die Ergebnisse zeigen auch einen Unterschied zwischen den Sprachregionen: Ältere Menschen in der Westschweiz sind häufiger Opfer (36 Prozent) als jene in der Deutschschweiz (23 Prozent) oder in der italienischen Schweiz (12 Prozent).

Die Studie nennt zwei Faktoren, die diese Unterschiede erklären: Die Sprache – es gibt mehr Frankophone auf der Welt als Deutsch- oder Italienischsprachige und damit mehr potenzielle Betrüger – und den Zugang zu Informationen – die deutschsprachigen Schweizer sagen, dass sie über Betrügereien besser informiert seien als ihre Nachbarn im Westen der Schweiz.

Ziel dieser Studie war es, das Ausmass des Phänomens in der Schweiz genauer zu messen, um gezielte Präventionsmassnahmen zu entwickeln.

Das Ergebnis zeigt eine besonders besorgniserregende Erkenntnis: 61 Prozent der Befragten haben nie jemanden über den Missbrauch informiert, den sie erlitten hatten. Pro Senectute ist der Ansicht, dass die Aufhebung des Tabus und die Möglichkeit, offen über dieses Thema zu sprechen, wichtige Präventivmassnahmen sind.

Vorbeugen, ohne zu erschrecken

"Ältere Menschen sind oft zu selbstbewusst und leben in einem anderen Tempo", sagt Jörg Rickenmann, Koordinator bei Alter Ego. Dieser Verein hat zum Ziel, ältere Menschen in der Westschweiz vor Missbrauch zu schützen. Dank der erhaltenen Zeugenaussagen hat der Verein bereits seit vielen Jahren das Ausmass des finanziellen Missbrauchs älterer Menschen erkannt.

Alter Ego konzentriert sich jedoch auf finanziellen Missbrauch durch Verwandte in einer Vertrauensbeziehung. Diese Form des Missbrauchs wird von den Opfern selbst sehr selten gemeldet und ist daher schwieriger zu messen.

Für die Studie von Pro-Senectute haben 5 Prozent der Teilnehmenden erklärt, dass sie diese Art von Missbrauch erlitten hätten. Bei Personen über 85 Jahre beträgt die Quote 10 Prozent.

Dies sei ein Bereich, in dem Prävention schwierig umzusetzen sei, räumt Rickenmann ein. Aber bei allen anderen Formen des Finanzmissbrauchs gibt es "viel zu tun", sagt er. Zum Beispiel durch eine bessere Information älterer Menschen, durch Warnhinweise oder durch die Erhöhung der Sicherheit in bestimmten Risikozonen.

"Aber wir sollten auch nicht zu viel tun", sagt der Koordinator von Alter Ego. "Wir müssen einen Weg finden, die Botschaft zu vermitteln, ohne diese Menschen zu erschrecken."

(Übertragung aus dem Französischen: Peter Siegenthaler)

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