In der Weihnachtszeit bekommen die Paketdienste in der Schweiz himmlische Konkurrenz: Christkind, Samichlaus und Weihnachtsmann verteilen ebenfalls Geschenke – zumindest an die braven Kinder. Doch was hat es mit den drei Sagengestalten eigentlich auf sich und wer ist für wen zuständig?

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Der Samichlaus

Die Figur des Nikolaus oder Samichlaus beruht auf der Legende vom Bischof Nikolaus von Myra, der im 4. Jahrhundert Geschenke an arme Kinder verteilt haben soll. Bis ins 16. Jahrhundert war der Samichlaus der Hauptgabenbringer in der Schweiz. Unterstützt wird er bis heute vom Schmutzli, der die weniger braven Kinder bestraft. Geschenke gab es bis zur Reformation nur am 6. Dezember, dem Namenstag des Heiligen Nikolaus. Das eigentliche Weihnachtsfest war früher eine strenge Kirchenveranstaltung.

Auch der Brauch, dass Kinder am Vorabend des 6. Dezember ihre Stiefel vor die Tür stellen, um diese mit guten Gaben füllen zu lassen, geht auf den Heiligen Nikolaus zurück: Um drei armen Jungfrauen die Ehe zu ermöglichen, soll er an drei Tagen in Folge Geld und Geschenke für die Mitgift durchs Fenster geworfen haben. Heute landen meist Süssigkeiten, Äpfel und Nüsse in den bereitgestellten Schuhen. Auf keinen Fall fehlen dürfen natürlich auch Grittibänzen aus süssem Hefeteig.

In den einzelnen Regionen der Schweiz wird der Samichlaus-Tag unterschiedlich begangen. Besonders bekannt sind das Chlaus-Chlöpfen in Lenzburg und das Klausjagen in Küssnacht, ein Umzug mit über 1.500 Teilnehmern. In Küssnacht hat auch die 1928 gegründete St. Nikolausgesellschaft ihren Sitz, der nur Männer beitreten dürfen.

Das Christkind

Im Zuge der Reformation betrat im 16. Jahrhundert plötzlich eine neue Figur die weihnachtliche Bühne: das Christkind. Da Martin Luther die Heiligenverehrung der Katholiken rundweg ablehnte, war in der reformierten Kirche kein Platz mehr für den Heiligen Nikolaus. Stattdessen brachte nun der "heilige Christ" die Geschenke, und das auch nicht mehr am 6. Dezember. Anders als in Deutschland und Österreich fand die Bescherung in der Schweiz jedoch noch bis ins 19. Jahrhundert am Neujahrstag statt.

Dem Volk war der "heilige Christ" als Vertreter von Jesus Christus zu wenig greifbar, und so entwickelte sich über die Jahre das Christkind als engelsgleiche Gestalt, wie wir es heute noch kennen. In der Schweiz wurde es wegen des Bescherungstermins auch als Neujahrskind bezeichnet. Auch wenn das Christkind heute vor allem noch in den katholischen Gebieten verbreitet ist, war es also ursprünglich eine Erfindung der Protestanten. In vielen Familien bringt das Christkind nicht nur die Geschenke, sondern schmückt auch den Weihnachtsbaum. Die Schweizerische Post beantwortet ausserdem jährlich über 17‘000 Briefe, die von Kindern an das Christkind geschrieben werden.

Der Weihnachtsmann

Die Popularität des Christkinds hielt jedoch nicht lange an. Schon im späten 17. Jahrhundert übernahm in vielen Teilen Deutschlands der Nikolaus wieder die Geschenkeverteilung. Das Christkind konnte sich vor allem in Süddeutschland noch halten, weswegen es in der Schweiz oft fälschlicherweise als Import aus dem katholischen Bayern betrachtet wird. Dennoch ist das Christkind in den deutschsprachigen Gegenden der Schweiz immer noch weit verbreitet, während in anderen Kantonen traditionell der Weihnachtsmann die Geschenke bringt. Entscheidend zur Verbreitung des Weihnachtsmanns beigetragen hat sicher auch der deutsche Dichter Hoffmann von Fallersleben, der 1835 das Lied "Morgen kommt der Weihnachtsmann" schrieb.

Entgegen der heute üblichen Legende kommt der Weihnachtsmann allerdings nicht vom Polarkreis: Mit den niederländischen Einwanderern gelangte der Nikolaus-Brauch im 17. Jahrhundert nach Amerika, wo aus dem holländischen Sinterklaas bald der amerikanische Santa Claus wurde. Dieser vermischte sich zunehmend mit einer anderen Sagengestalt, dem englischen Father Christmas. Darstellungen aus dem frühen 19. Jahrhundert zeigen bereits einen Weihnachtsmann mit rotem Mantel und Rauschebart statt Bischofsstab und Mitra. Die Unterscheidung zwischen Weihnachtsmann und Nikolaus gibt es heute nur noch im deutschsprachigen Raum.

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