Der Trauerschnäpper kehrt in diesen Wochen aus Afrika zurück, um bei uns zu brüten – wenn er denn eine Nisthöhle findet. Über das schwierige Leben eines kleinen Vogels auf grosser Wanderschaft.
Es geht dieses Mal um einen Vogel, den Sie, liebe Leserinnen und Leser, vielleicht noch nie gesehen haben. Ich habe ihn lange vergeblich gesucht. Dabei ist er eigentlich leicht zu erkennen. Doch der Trauerschnäpper wollte sich sehr lange nicht im Sucher meines Fernglases blicken lassen.
Vielleicht liegt es daran, dass er ziemlich klein. Vielleicht geht er im grünen Blätterdach zu häufig unter. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass es um den Trauerschnäpper in Mitteleuropa nicht so gut steht.
Der Trauerschnäpper fängt Insekten im Flug
Aber der Reihe nach. Die Fotos im Bestimmungsbuch zeigen einen kleinen Vogel mit kontrastreichem Gefieder, zumindest beim Männchen. Es ist unten weiss, oben dunkelgrau bis schwarz. Der schwarze Mantel gab der Art ihren Namen. Das Weibchen ist unauffälliger graubraun.
Die Nahrung besteht vor allem aus Fluginsekten. Erst lauert der Trauerschnäpper auf einem Ast, dann schnappt er sie sich in einem Flugmanöver. Sein Brutrevier bezieht der kleine Vogel in naturnahen Laub- und Mischwäldern und grossen Parks – am liebsten in der Nähe von Wasser und mit Altholz und reichlich Bruthöhlen.

Eine gefährdete Art
Womit wir beim Problem wären. Der Trauerschnäpper ist in vielen Gegenden Mitteleuropas selten geworden. Auf der Roten Liste der Brutvogelarten taucht er in inzwischen in der Kategorie "gefährdet" auf. Mitte der 90er-Jahre gab es laut Adebar-Brutvogelatlas noch bis zu 460.000 Brutpaare in Deutschland, inzwischen sind es dem Naturschutzbund zufolge noch höchstens 130.000. Vereinfacht gesagt, ist der adrette Singvogel ein Verlierer des Klimawandels.
Der Trauerschnäpper gehört zu den sogenannten Langstreckenziehern. Schon im Spätsommer verlässt er Mitteleuropa und macht sich auf eine 5.000 Kilometer lange Reise über das Mittelmeer und die Sahara. Den hiesigen Winter verbringt er im Regenwaldgürtel Zentralafrikas. Als Insektenfresser würde er bei uns in den kalten Monaten verhungern.
Dieses Leben mit langen Wanderwegen ist nicht ungefährlich. In seinen Überwinterungsgebieten macht dem Trauerschnäpper die Zerstörung der Regenwälder zu schaffen, auf dem Weg zurück nach Mitteleuropa lauern Vogelfänger. Und hat er es dann Ende April endlich zu uns geschafft, ist die Wohnungsnot oft gross.
Im Wettkampf um die besten Höhlen kommt der Trauerschnäpper zu spät
Der Trauerschnäpper ist ein Höhlenbrüter. Doch in aufgeräumten Wäldern, in denen Altholz aus dem Weg geschafft wird, mangelt es häufig an natürlichen Höhlen, die zum Beispiel Spechte in morsches Holz gezimmert haben. Und viele vom Menschen aufgehängte Nistkästen sind Ende April schon belegt.
Denn der Klimawandel lässt den Frühling bei uns immer früher beginnen. Kohlmeisen und andere Höhlenbrüter verbringen den Winter in Europa, fressen sich an Futterstellen stark und können anderen Vögeln gegenüber ziemlich ruppig werden. Sie haben damit einen Vorteil in der Konkurrenz um die besten Nistkästen und Höhlen und fangen früher mit der Brut an.
Wenn der Trauerschnäpper Ende April eintrifft, hat er es schwer, noch eine passende Unterkunft für seinen Nachwuchs zu finden. Und wenn er einfach früher zurückkehren würde? Das ist leichter gesagt als getan für eine Vogelart, der das Pendlerleben zwischen Europa und Afrika seit Jahrhunderten genetisch eingeprägt ist.
Wie ihm zu helfen ist
Immerhin: Es gibt Tricks, um dem Trauerschnäpper zu helfen. Wo viele Nistkästen nah beieinander aufgehängt werden, lassen Kohlmeisen einige Behausungen frei. In einem Waldstück bei Walldorf in Baden-Württemberg hatte ein Naturschützer eine besonders kluge Idee: Er deckt im Vorfrühling bei einigen Nistkästen die Einfluglöcher ab. Die Kohlmeisen müssen sich dann Alternativen suchen. Wenn der Trauerschnäpper Ende April aus Afrika zurückkommt, werden die Abdeckungen wieder für ihn abgenommen. Die Kohlmeisen sitzen dann längst woanders auf ihren Eiern.
Ich habe den Trauerschnäpper übrigens irgendwann doch gefunden. Als ich von einem Beobachtungsturm an der Müritz in die benachbarte Baumkrone schaute, sass dort plötzlich einer vor meinem Fernglas. Das Männchen im typischen Schwarz-Weiss-Look sang eifrig sein wippendes Lied. Es ähnelt dem Gesang der Kohlmeise, weshalb der Schnäpper auch akustisch leicht zu überhören ist.
Zum Nachhören
- Gesang und Rufe des Trauerschnäppers lassen sich auf deutsche-vogelstimmen.de nachhören.
Der Vogel an der Müritz hüpfte um ein Astloch herum, wahrscheinlich eine ehemalige Spechthöhle mit einem kleinen Einflugloch, wie gemacht für den Trauerschnäpper. Je länger ich ihn beobachtete, desto mulmiger wurde mir. Weit und breit war kein Weibchen zu sehen. Allerdings war es damals auch schon Ende Mai. Hoffentlich sass es einfach schon versteckt in der Höhle, um die Eier mit der nächsten Generation Trauerschnäpper auszubrüten. Sie werden dringend gebraucht.
Zum Weiterlesen
- wosonst.eu: Kinderstuben für die Vogelwelt
Verwendete Quellen
- Atlas Deutscher Brutvogelarten, Favoriten-Presse 2022
- NABU.de: Vogelporträt Trauerschnäpper