Was können wir tun, wenn ein Asteroid die Erde bedroht? Brauchen wir dazu wirklich einen Helden wie Bruce Willis in "Armageddon"? Welche Massnahmen Weltraum-Experten wirklich austüfteln, um die Welt vor einer Katastrophe zu bewahren.

Mehr zum Thema Weltraum

In "Armageddon" fliegen Actionheld Bruce Willis und seine Kollegen ins Weltall, um einen Asteroid mit einem nuklearen Sprengsatz davon abzuhalten, die Erde zu zerstören. Der deutsche Bruce Willis heisst Detlef Koschny und ist Experte für erdnahe Objekte bei der europäischen Weltraumbehörde ESA. Seine Arbeit ist allerdings nicht ganz so spektakulär wie die der Weltretter aus Hollywood. Um die Gefahren aus dem Weltraum abwehren zu können, müssen sie nämlich erst einmal erkannt werden.

"Wir versuchen gerade Teleskope aufzubauen, damit wir erdnahe Objekte möglichst früh entdecken", erzählt Koschny. Bisher hat die ESA noch keine Fernrohre, die den ganzen Himmel einmal pro Nacht absuchen können. Erst wenn ein "Near earth object" (NEO) entdeckt wird, können Koschny und seine Kollegen seine Umlaufbahn auf die nächsten 100 Jahre ausrechnen und eine Bedrohung für unseren Planeten erkennen.

Oft sind die Objekte aber zu klein - so wie das Objekt dass im Februar 2013 "uber der russischen Stadt Tscheljabinsk niedergegangen ist. Der NEO war nur etwa 20 Meteor gross. Zudem kam er aus Richtung der Sonne und war deshalb für die Wissenschaftler schwer zu entdecken.

"Wenn das über München passiert, ist München platt"

Objekte ähnlicher Grösse treffen etwa alle zehn bis 50 Jahre die Erde. Da sie meistens im Meer oder einer Wüste landen, bemerkt die Menschheit meist wenig davon. "Die Gefahr ist sicherlich nicht so gross, wie vom Auto überfahren zu werden. Aber sie ist vergleichbar mit anderen Naturkatastrophen wie einem Tsunami", erklärt der Weltraum-Experte. Allerdings bauen die Menschen immer dichter.

Beim "Tunguska-Ereignis" in Sibirien 1908, das vermutlich durch einen Asteroideneinschlag ausgelöst wurde, geht Koschny von einem Objekt doppelter Grösse aus. "Die Druckwelle hat am Boden 2.000 Quadratkilometer Wald flachgelegt. Wenn das über München passiert, ist München platt", macht der ESA-Experte deutlich.

Um eine solche Katastrophe zu verhindern, basteln Wissenschaftler weltweit an möglichen Abwehrmassnahmen. Bei einem grösserem Objekt, ab 150 oder 200 Metern, gibt es die technische Möglichkeit, ihn abzulenken. Zwei Szenarien werden dafür diskutiert: Zum einen könnte ein sogenannter kinetischer Impaktor - vergleichbar einer Kanonenkugel im All - auf den Asteroiden geschossen werden. Die Wucht des Aufpralls reicht aus, um den Asteroiden ein wenig aus seiner Bahn zu schieben. "Das ist zwar minimal, weil der Asteroid viel schwerer ist, aber wenn ich das zwei oder drei Jahre vorher mache, reicht das aus", sagt Koschny.

Die zweite realistische Methode ist der sogenannte "Gravitationstraktor". Dabei muss ein Satellit in die Nähe des Asteroiden stationiert werden. Durch die Anziehungskraft zwischen den beiden Objekten wird der Asteroid ebenfalls abgelenkt und kann dabei auch noch kontrolliert werden. Auch hier bleibt der Nachteil, das dies Jahre im Voraus begonnen werden muss.

Eine Atombombenexplosion wäre die letzte Möglichkeit

Bliebe der Menschheit nur noch wenig Zeit, um sich vor einem Einschlag zu retten, gäbe es derzeit wohl nur noch eine Möglichkeit: Eine Atombombenexplosion müsste den Asteroiden aufhalten. "Nur Atombomben haben die Energiedichte, um das Objekt aus der Nähe noch abzulenken", begründet das der ESA-Experte. "Es muss aber zwei Monate früher sein. Ganz so nah, wie der Asteroid bei Armageddon war, wäre alles zu spät."

Aber ob es besser ist, aus einem grossen Objekt viele tausend kleinere zu machen, da gehen die Meinungen in der Wissenschaft auseinander. Testen lässt sich das Szenario sowieso nicht. Nukleare Explosionen im Weltall sind verboten. Auch deshalb befassen sich die Wissenschaftler kaum mit dieser Möglichkeit.

Einen Heldentod à la Bruce Willis' Figur Harry Stamper in Kauf zu nehmen, befürchtet Koschny nicht. Abwehrmassnahmen können auch von der Erde aus durchgeführt werden und brauchen keine Piloten im Weltall. Wichtiger sei es derzeit, den Katastrophenschutz einzuweisen, damit die Bevölkerung über das richtige Verhalten informiert wird. In Tscheljabinsk standen viele Menschen am Fenster, um das Leuchten am Himmel zu beobachten - ein fataler Fehler. Die Schockwelle liess die Fensterscheiben zerbersten. Viele Menschen wurden durch umherfliegende Splitter verletzt.

Bei grösseren Objekten reichen diese Sicherheitsvorkehrungen jedoch nicht mehr aus. Der Einschlag von einem Objekt ab einem Kilometer Grösse könnte globale Veränderungen auslösen, ab einigen hundert Metern Grösse könnte er auch ein Land verwüsten. Wann die Welt für die Gefahr aus dem All wirklich gewappnet ist, ist noch offen. "Wir wollen soweit kommen, dass wir wissen, was zu tun ist, wenn es eine echte Bedrohung gibt", sagt Koschny.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.