Der Weltraum – unendliche Weiten. Menschen werden wohl kaum jemals in der Lage sein, seine Grösse wirklich zu vermessen. Und auch das endgültige Ende des Universums liegt nach neuesten Erkenntnissen so unglaublich weit in der Zukunft, dass der Gedanke daran unser Vorstellungsvermögen überfordert.

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Big Rip, Big Crunch, Big Freeze – das sind die Schlagworte, unter denen die drei wahrscheinlichsten Szenarien gehandelt werden, die das voraussichtliche Ende des Weltraums beschreiben. Hinter diesen Begriffen stecken mathematische und physikalische Modelle, vor denen auch viele Wissenschaftler kapitulieren. Galt und gilt schon für Albert Einsteins Relativitätstheorie aus dem Jahr 1905, dass nur wenige deren mathematische Begründung wirklich verstehen, so gilt das umso mehr für jene Berechnungen und Modelle, in denen Einsteins Erkenntnisse weiterentwickelt wurden.

Schon die Vorstellung, dass der Weltraum nicht statisch ist, stattdessen immer weiterwächst, ist für Laien schwer verständlich. Denn es ist nicht so, dass sich Sterne und Galaxien im Raum voneinander wegbewegen. Vielmehr schaffen sie den Raum erst durch ihr Auseinanderdriften. Ebenso wäre es mathematisch möglich, dass sich der Raum eines fernen Tages wieder zusammenzieht.

"Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie hat die Möglichkeit einer permanenten Ausdehnung vorausgesagt", erklärt Astrophysiker Volker Springel vom Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching bei München, "und mittlerweile kann man das auch beweisen." Dafür hat vor allem Edwin Hubble (1889-1953) gesorgt, dessen Beobachtungen Einsteins Theorie in der Praxis nachgewiesen haben.

Im "Big Bang" entstand das Universum

Die Beobachtung, dass das Weltall immer grösser wird, weil die gesamte in ihm enthaltene Materie auseinanderstrebt, erlaubte den Forschern auch einen Blick in die Vergangenheit: Aus der Geschwindigkeit des Auseinanderdriftens der Sterne liess sich errechnen, wann dieser Prozess begonnen hat. Deshalb wissen wir, dass das Universum vor ziemlich genau 13,7 Milliarden (in Zahlen: 13.700.000.000) Jahren entstand – aus dem grossen "Big Bang", der Explosion eines extrem dichten Materiehaufens. Aus diesem gut zu berechnenden, aber schwer vorstellbaren Vorgang entstanden nicht nur unser Sonnensystem, sondern alle Galaxien mit ihren Abermilliarden von Sternen.

Wie aber wird es weitergehen? Lange Zeit war die Forschung davon ausgegangen, dass sich der Prozess irgendwann umkehren würde: Das Universum, so die damalige These, werde an eine Grenze der maximalen Ausdehnung gelangen und sich dann wieder zusammenziehen. Im "Big Crunch", dem grossen Kollaps, werde die gesamte Materie aller Universen wieder in einen einzigen, extrem dichten Punkt zusammenstürzen.


Der "Big Crunch" wird nicht stattfinden

"Das wird nicht passieren", sagt Springel im Gespräch mit unserer Redaktion: "Die Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios liegt bei nahezu null Prozent und diese Meinung teilen 99 Prozent der Forscher." Grund ist die Gesamtmasse der Materie im Universum – ein Faktor, der bei der "Big Crunch"-Theorie viel zu hoch angesetzt wurde. "Nur, wenn es sehr viel Materie gäbe", erklärt der Astrophysiker weiter, "würde genügend Schwerkraft entstehen, um den Dehnungsprozess irgendwann umzukehren." Als erwiesen gilt das Gegenteil: Das Weltall enthält nur 30 Prozent der für den Rücksturz notwendigen Materie. Die Folge: Es dehnt sich immer weiter aus.

Die Planeten unseres Sonnensystems im Grössenvergleich
Die Planeten unseres Sonnensystems im Grössenvergleich © 1&1 Mail & Media

"Big Freeze": In tausend Milliarden Jahren friert das Weltall ein

Springel schildert noch eine weitere Konsequenz: "Für Astronomen wird es sehr langweilig im Universum." Denn statt zum "Big Crunch" kommt es nach heutigen Berechnungen zum "Big Freeze" – dem "grossen Einfrieren". Das Weltall wird sich, wenn auch mit verlangsamter Geschwindigkeit, immer weiter ausdehnen. Irgendwann würden dann noch existierende Astronomen keine andere Galaxie mehr sehen können – weil sie zu weit auseinander liegen. Derzeit müssen wir uns vor diesem Zustand aber noch nicht fürchten: Es dürften noch etwa 1.000 Milliarden Jahre vergehen, bevor es, wie Springel sagt, im Universum "langweilig, kalt und dunkel" wird.

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Sehr unwahrscheinlich: "Big Rip", das grosse Zerreissen

Es gibt aber noch ein weiteres Szenario, das sehr, sehr weit über den "Big Freeze" hinausreicht: die Vorstellung des "Big Rip", des "grossen Zerreissens". Die physikalischen und mathematischen Voraussetzungen dieser Theorie seien Menschen ohne Fachausbildung nur schwer zu erklären, sagt Astrophysiker Springel. Er versucht es mit einfachen Worten: "Das Modell, das nur sehr wenige Wissenschaftler für wahrscheinlich halten, geht davon aus, dass nach dem 'Big Freeze' der Prozess der Raumausdehnung auf die kleineren Strukturen übergreift." Konkret würde das bedeuten, dass nicht nur die Galaxien, die Sterne, die Planetensysteme sich voneinander entfernen würden, sondern irgendwann sogar die Planeten selbst zerrissen würden, später gar die Moleküle und am Schluss auch jedes einzelne Atom.

Die Zeit, die bis dahin noch vergehen müsste, ist schlichtweg nicht vorstellbar – kein Vergleich kann sie veranschaulichen. Ein erster Schritt hin zur Vernichtung aller Strukturen wäre die Explosion sogenannter "Weisser Zwerge", die als letzte Objekte im alternden Universum übrigbleiben würden. Bis das geschieht, müssten noch 10 hoch 1100 Jahre vergehen – eine Zahl mit 1.100 Nullen (zur Erinnerung: Eine Milliarde hat gerade einmal neun Nullen!). Doch das wäre immer noch nicht das endgültige Ende. Denn anfangs würden nur die schwersten der "Weissen Zwerge" zerrissen. Bis es auch die leichtesten von ihnen träfe, würden viele weitere Jahrmilliarden vergehen – die entsprechende Zahl hätte 32.000 Nullen.

Für endgültig gewiss darf man wohl keinen dieser theoretischen Ansätze nehmen. Derzeit etwa interessieren sich die Astrophysiker vor allem für die Vermessung von sogenannten schwarzen Löchern, und dafür, mehr Aufschluss darüber zu bekommen, wie viel Masse das Universum wirklich hat. Momentan scheint jedenfalls festzustehen: Unser Universum altert. "Die Jugendjahre sind vorbei", konstatiert Volker Springel, "der Renteneintritt steht bevor."

Doch lange bevor der Weltraum an Altersschwäche stirbt, ist unser Sonnensystem dran: Wenn die Sonne in fünf Milliarden Jahren endgültig erlischt, wird sich "alles komplett verändern", sagt Springel voraus. Tröstlich für die Menschheit: Auch das ist eine Zahl mit immerhin neun Nullen.

Zum Experten: Der Astrophysiker Prof. Dr. Volker Springel ist Direktor des Max-Planck-Instituts für Astrophysik in Garching bei München. Seine Forschungsschwerpunkte sind numerische Astrophysik, kosmische Strukturentstehung, Dunkle Materie und Dunkle Energie, Galaxienentstehung, superschwere Schwarze Löcher, wissenschaftliches Höchstleistungsrechnen.
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Forscher entdecken Schwarzes Loch das Sonnen verschlingt

Ungefähr eine Sonne pro Tag verschluckt ein Schwarzes Loch, das Forscher jetzt neu entdeckt haben. Das Weltraumphänomen wächst zudem rapide an. Mit einer Masse von 34 Milliarden Sonnen ist es eines der schwersten Schwarzen Löcher im Universum. (Teaserbild: Getty Images/iStockphoto)


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