Der Druck war enorm. Zweimal war mit der neuen Rakete "Langer Marsch 5" schon etwas schief gelaufen. Chinas grosse Pläne im All hängen davon ab: Flüge zum Mars und Mond - oder der Bau einer Raumstation.
Der erfolgreiche Start einer besonders leistungsstarken Trägerrakete macht den Weg frei für Chinas ehrgeizige Raumfahrtpläne. Die Rakete vom Typ "Langer Marsch 5" hob am Freitag problemlos vom neuen Raumfahrtbahnhof Wenchang auf der südchinesischen Insel Hainan ab. 33 Minuten später setzte die Rakete planmässig den modernsten und mit acht Tonnen bisher schwersten chinesischen Kommunikationssatelliten "Shijian 20" in der Umlaufbahn aus, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete.
Nach Problemen mit den Triebwerken bei den zwei vorausgegangenen Flügen war der Start mit grosser Spannung erwartet worden. Mit dem Erfolg kann die zweitgrösste Wirtschaftsnation an ihrem Zeitplan für bevorstehende Missionen zum Mond, Mars und zum Bau einer eigenen Raumstation festhalten. Es war der 34. Raketenstart Chinas in diesem Jahr - mehr als die USA mit 23 und Russland mit 20.
Weitere grosse Flüge sind schon geplant
Die neue Rakete ist eine der tragfähigsten der Welt und wird mit der amerikanischen "Delta IV Heavy" oder "Falcon 9", der europäischen "Ariane 5" oder der russischen "Proton-M" verglichen. Doch gab es beim ersten Flug 2016 Probleme. Nur mit Mühe konnte ein Satellit in eine Umlaufbahn gebracht werden. Der zweite Start 2017 war dann ein glatter Fehlschlag, weil das Haupttriebwerk versagte und die Rakete ins Meer stürzte.
Die Fehlersuche und der erforderliche Umbau des Triebwerks führten zu einer mehr als zweijährigen Verzögerung der Raumfahrtpläne. "Nach dem erfolgreichen Start wird es weitere grosse Flüge geben, darunter Chinas erste Mars-Mission und der Start der Mondsonde "Chang'e 5"", sagte Wu Yanhua vom Raumfahrtprogramm dem Staatsfernsehen. Alle hätten auf "gute Nachrichten" von "Langer Marsch 5" gewartet.
Als nächstes soll die neue Rakete im Juli oder August ein Raumschiff zum Mars bringen. Würde das Fenster verpasst, müsste China bis 2022 warten, bis Erde und Mars wieder in einer günstigen Position zueinander stehen. Im September soll dann ein Test mit einem neuen Raumschiff für bemannte Flüge folgen. Zum Ende des neuen Jahres ist ein weiterer Mondflug geplant. Erstmals in der Geschichte des chinesischen Raumfahrtprogramms soll "Chang'e 5" zwei Kilogramm Gesteinsproben zur Erde zurückbringen.
Wenn alles klappt, soll 2021 mit "Langer Marsch 5" auch der Bau der chinesischen Raumstation beginnen. Eine etwas veränderte "5B"-Version soll das Kernmodul sowie zwei weitere Teile für Experimente ins All bringen. Sollte die Internationale Raumstation (ISS) wie geplant 2024 ihren Dienst einstellen, wäre China dann die einzige Nation mit einem bemannten Aussenposten im All. Es gibt aber auch Spekulationen, dass die ISS vielleicht länger in Betrieb bleibt.
Bau an eigenem globalem Navigationssystem
Auch in der Satellitentechnologie macht China Fortschritte. Experten berichteten, der Himmelskörper, den die Rakete jetzt in die Umlaufbahn gebracht hat, könne den Datenaustausch im All auf eine deutlich höhere Geschwindigkeit bringen. Nach Presseberichten besitzt er auch eine Quantum-Verschlüsselung, die militärische und amtliche Kommunikation abhörsicher macht.
"Die Mission dieses Satelliten wird Chinas Position in der Kommunikation im All von einem Mitläufer zu einem Führer verändern", sagte ein Fachmann in Peking der Hongkonger Zeitung "South China Morning Post", wollte aber nicht genannt werden.
China baut seit Jahren auch ein eigenes globales Navigationssystem auf. Es steht in Konkurrenz zum amerikanischen Navigationssystem GPS und dem europäischen Galileo. Wie der Projektdirektor Ran Chengqi vor der Presse in Peking berichtete, ist das Kernsystem von "Beidou" bereits fertiggestellt. Mit dem Start von zwei weiteren Satelliten in der ersten Hälfte des neuen Jahres soll das Netz komplett sein. Dann werden 24 Satelliten die Navigation stützen. © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.