Nach der Explosion des Raumtransporters "Cygnus" steht die Nasa vor einem Problem: Wie kann die Versorgung der ISS-Crew, unter der sich auch der deutsche Astronaut Alexander Gerst befindet, nun sichergestellt werden? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum Absturz des Raumtransporters.
Ist die ISS-Crew nach dem Absturz von "Cygnus" in Gefahr?
Der explodierte Raumfrachter hatte keine notwendigen Versorgungsgüter für die ISS an Bord. Der zuständige Nasa-Manager William Gerstenmaier betonte deshalb: "Die Mannschaft ist in keiner Gefahr." Zudem befindet sich derzeit ein russischer Raumtransporter auf dem Weg zur ISS. Die Sojus-Rakete bringt 2,5 Tonnen Nahrungsmittel, Treibstoff und private Post auf die Station. Das Modul Progress М-25М soll gegen 14:00 Uhr (MEZ) an der ISS festmachen.
Was ist die Ursache für die Explosion?
Noch liegen die Ursachen der Katastrophe völlig im Dunklen. Die Nasa ermittelt und auch Orbital, die Cygnus-Herstellerfirma, hat eigene Untersuchungen angekündigt, wie Vize-Präsident Frank Culbertson auf der Web-Seite des Unternehmens mitteilt: "Wir werden eine umfassende Untersuchung einleiten, um die Ursache für den Unfall zu finden und entsprechende Schritte einleiten, Vorfälle dieser Art in Zukunft zu verhindern. Bislang ist es für Erkenntnisse noch zu früh."
Inwieweit der gestern verschobene Start mit der Explosion zusammenhängt, lässt sich derzeit nicht sagen. Ein Segelboot war in das Sperrgebiet um die Rakete gefahren. Die Nasa hatte den Countdown deswegen etwa zehn Minuten vor dem geplanten Lift-off unterbrochen. Bereits beim Unglück der "Challenger"-Raumfähre 1986 war ein verschobener Start die Ursache für die Explosion des Shuttles, bei der sieben Astronauten ihr Leben verloren. Damals wurden durch die lange Wartezeit auf der Startrampe Dichtungsringe in den Booster-Raketen an den Seiten des Shuttles porös. Eine Stichflamme schnitt ein Leck in den orangenen Haupttank, das Shuttle wurde durch die Detonation zerrissen.
Welche Kosten hat das Unglück verursacht?
Nach Frank Culbertson Aussage war der Flug mit mehr als 200 Millionen US-Dollar versichert. Hinzu kämen noch die Reparaturkosten für die Startrampe. Sie war bei Explosion und dem Absturz stark beschädigt worden. Auch auf den Aktienkurs von Orbital Sciences hatte der Absturz Auswirkungen: Bislang gab der Kurs um acht Prozent (Stand 12 Uhr) nach, weitere Verluste sind zu erwarten.
Wie geht es nach dem Unglück weiter?
Culbertson sieht der Zukunft laut eigener Aussage entspannt entgegen: "Sobald wir die Ursachen für den Absturz verstehen, werden wir uns wieder an die Arbeit machen, Flüge ins All für unsere Kunden und das Weltraumprogramm der USA zu starten." Auch Nasa-Manager William Gerstenmaier stärkt Orbital Sciences den Rücken. Man werde weiter an der Zusammenarbeit festhalten. Schliesslich seien die beiden vorangegangenen Missionen ohne Komplikationen verlaufen. Man werde sich durch den jetzigen Rückschlag nicht davon abhalten lassen, auch weiterhin Fracht für die ISS vom Amerika aus ins All zu transportieren. Trotzdem bleibt abzuwarten, ob die Raumfahrtbehörde tatsächlich noch die geplanten sieben Missionen mit Orbital durchführen wird.
Warum setzt die Nasa auf private Anbieter, anstatt selbst ein Trägersystem zu entwickeln?
Das "Outsourcing" von Raumfahrtmissionen an private Unternehmen war eine strategische Entscheidung von US-Präsident Barrack Obama, um die schwindelerregenden Nasa-Ausgaben in den Griff zu bekommen. Nach dem Aus des Space-Shuttle-Programms im Jahr 2011 war die Entwicklung und Produktion eines Nasa-eigenen Raumgefährts schlicht zu teuer. Als günstig ist die Zusammenarbeit mit Orbital Sciences allerdings auch nicht einzustufen: Der Vertrag mit dem privaten Anbieter war knapp zwei Milliarden Dollar schwer. Zudem hagelte es Kritik aus dem Lager der Republikaner für den US-Präsidenten. Zwar sei die "private Variante" auch eine Lösung. Doch mit dem völligen Verzicht auf die Shuttles begäben sich die USA zu sehr in die Hände der Russen. Russland kann momentan als einzige Nation Astronauten zur Raumstation befördern.
Gibt es Alternativen zu "Cygnus"?
Noch können die USA auf den ebenfalls privaten Raumfrachter "Dragon" der Firma SpaceX zurückgreifen. Der Transporter war erst vor Kurzem von seiner vierten Mission zur ISS zurückgekehrt. Damit verfügt Amerika derzeit lediglich über einen Frachtertypus.
Die andere, nicht-amerikanische Alternative sind derzeit Sojus-Trägerraketen mit Progress-Modulen aus Russland. Sie können nicht nur Fracht zur ISS bringen, sondern auch Astronauten. Diese Möglichkeit haben die USA nach der Einstellung des Shuttle-Programms nicht mehr. Derzeit laufen aber Entwicklungen, wieder ein eigenes, bemanntes Raumschiff zu bauen.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.