Wenn ein Satellit einen Gammastrahlenblitz erfasst, muss es schnell gehen: Eine Beobachtung ist nur möglich, wenn spezielle Observatorien auf die Herkunftsregion im All gerichtet werden. Wissenschaftlern ist dies nun sogar zwei Mal gelungen. Die Blitze waren in kosmischen Massstäben vergleichsweise nah gewesen.
Mit Spezialteleskopen haben Forscher extrem energiereiche Gammastrahlenblitze erfasst. Mit rund 100 Milliarden Mal so viel Energie wie sichtbares Licht seien es die energiereichsten je gemessenen Gammastrahlen sogenannter Gamma-Ray-Bursts, berichten zwei Wissenschaftlerteams zu Daten der "H.E.S.S."- und "Magic"-Teleskope im Fachjournal "Nature".
Demnach handelt es sich um die ersten Nachweise sehr energiereicher Gammastrahlung von solchen Ausbrüchen mit erdgebundenen Teleskopen. Einer der Blitze war den Forschern zufolge mehr als vier Milliarden Jahre - rund ein Drittel des Alters des Universums - zu uns unterwegs, das Licht des anderen Ausbruchs sogar sechs Milliarden Jahre.
Die stärksten bekannten Explosionen im Universum
Gamma-Ray-Bursts sind kurze Ausbrüche von Gammastrahlung im Kosmos, die sich etwa einmal täglich irgendwo im sichtbaren Universum ereignen. Als Ursache werden kollidierende Neutronensterne oder Supernova-Explosionen zu einem Schwarzen Loch kollabierender Riesensonnen vermutet.
"Gammablitze sind die stärksten bekannten Explosionen im Universum und setzen typischerweise in wenigen Sekunden mehr Energie frei als unsere Sonne in ihrer gesamten Lebensdauer - sie können durch nahezu das gesamte sichtbare Universum leuchten", sagt David Berge, Leiter der Gammastrahlenastronomie beim beteiligten Forschungszentrum Desy in Zeuthen bei Berlin.
Einem Team gelang der Nachweis nun wenige Sekunden nach der Registrierung des Blitzes durch Satelliten: Die am 14. Januar 2019 mit den "Magic"-Teleskopen (Major Atmospheric Gamma Imaging Cherenkov) auf der Kanareninsel La Palma beobachtete helle, sehr energiereiche Gammastrahlung stamme von der grössten jemals aufgezeichnete Explosion im Universum, betonte das Max-Planck-Institut für Physik (MPP) in München, das die Teleskope federführend betreibt.
Gammastrahlenblitze wurden zufällig entdeckt
Am 20. Juli 2018 hatte das ebenfalls federführend von der Max-Planck-Gesellschaft betriebene grösste Gammastrahlenteleskop der Erde am High-Energy Stereoscopic System ("H.E.S.S.") in Namibia noch nach mehr als zehn Stunden das schwache Nachleuchten eines Gammastrahlenausbruchs erfasst.
Dieses Nachleuchten war zuvor nur bei anderen Wellenlängen beobachtet worden, etwa mit Radio- oder optischen Teleskopen.
Gammastrahlenblitze waren in den 1960er Jahren zufällig durch Satelliten entdeckt worden - und werden durch diese täglich beobachtet. Sie haben aber viel zu kleine Detektorflächen, um für die sehr geringe Helligkeit von Ausbrüchen bei sehr hohen Energien empfindlich zu sein, wie das Teilchenbeschleuniger-Zentrum Desy erklärt.
"Daher war es bislang unklar, ob die Monster-Explosionen auch noch Gammastrahlung bei sehr hohen Energien aussenden." Mit erdgebundenen Teleskopen liessen sich die Gammaquanten der Blitze demnach bislang nicht beobachten, weil die Erdatmosphäre sie normalerweise schluckt.
Mit den Spezialteleskopen kann nun aber das schwache, bläuliche Cherenkov-Licht registriert werden, das kosmische Gammastrahlung in der Erdatmosphäre erzeugt.
Blitze besser detektierbar
Dass der Nachweis im Bereich der Gammastrahlung gelang, hat David Green vom MPP zufolge auch mit mehreren glücklichen Umständen zu tun: Einerseits seien im Fall von "Magic" nur wenige Sekunden zwischen Satellitendetektion und Ausrichtung der Teleskope auf der Erde vergangen.
Andererseits seien beide beobachteten Blitze in kosmischen Massstäben vergleichsweise nah gewesen und somit deutlich heller und besser detektierbar als andere, weiter entfernte Explosionen.
Green betonte, dass man mit den Teleskopen auf der Erde bislang nie die Blitze selbst messen konnte, da diese je nach Art der Explosion nur 2 bis maximal 60 Sekunden andauerten. Aber die Forscher seien diesmal sehr nah dran gewesen und hätten viel vom Nachglühen der Blitze aufzeichnen können. (ff/dpa)
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