Das Weltall steckt voller Mysterien und es gibt noch unzählige ungeklärte Fragen. Gibt es dort draussen intelligentes Leben? Und wie wahrscheinlich ist es, dass wir Menschen einmal auf dem Mond leben? Wir haben mit Stephan van Gasselt, Professor für Planetenforschung, über die Vergangenheit und Zukunft der Weltraumforschung gesprochen.
Der Weltraumforschungstag am 20. Juli erinnert an die Mondlandung im Jahr 1969. Was wusste man von unserem Sonnensystem, als vor 44 Jahren die ersten Menschen ihren Fuss auf den Erdtrabanten setzten?
Van Gasselt: Man hatte nur eine grobe Ahnung. Man wusste beispielsweise nicht genau, wie die Oberfläche des Monds beschaffen ist. Es gab viele Theorien. Manche dachten sogar, sie sei so weich, dass ein Mensch, den man dort hinschickt, einsinken würde. Vom Mars glaubte man bis in die 1960er-Jahre, das Leben könnte hinter dem nächsten Stein sitzen. Für die Venus genau das Gleiche: Man spekulierte sogar, dass es dort einen Regenwald geben könnte. Das ist natürlich Science Fiction, aber die Wissenschaft war noch nicht sehr viel weiter.
Können Sie uns erklären, was man seit damals dazugelernt hat?
Van Gasselt: Wir haben jetzt fast jeden Planeten in unserem Sonnensystem studiert, wenn auch nicht im Detail. Zumindest sind wir überall schon einmal vorbeigeflogen. Da gab es beispielsweise die grossen Voyager-Missionen zur Erforschung des äusseren Sonnensystems, die Galileo-Mission zum Jupitersystem. Pluto haben wir schon grob gesehen. Es kamen selbst einige Missionen zu den Asteroiden im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter dazu.
Mit der Cassini/Huygens-Mission, die immer noch aktiv ist, hat man es noch in jüngster Zeit geschafft, in eine fremde Welt einzutauchen, die des Saturnmonds Titan. Er hat eine sehr dichte Atmosphäre, man wusste nicht, was darunter liegt. Heute kann man die Klimageschichte des Mars sehr genau rekonstruieren und wir haben Bilddaten, die wir in dieser Genauigkeit aus dem Orbit selbst von der Erde nicht besitzen. Sehr viele Fragen zum Mond sind mittlerweile beantwortet, doch liefert jede beantwortete Frage drei neue.
Was sind die heissen Themen der Weltraumforschung, die in der Zukunft im Fokus stehen werden?
Van Gasselt: Der grosse Treiber ist momentan die Frage: Hat es irgendwo Leben gegeben oder kann es irgendwo Leben geben? Die Wissenschaft geht davon aus, dass im All intelligentes Leben existiert. Gesucht wird zum einen in unserem Sonnensystem, zum anderen sind Weltraumteleskope im Einsatz, die Exoplaneten untersuchen, Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems.
Wie wahrscheinlich ist es denn, dass man in absehbarer Zeit ausserirdisches Leben finden wird?
Van Gasselt: Erdähnliche Planeten lassen sich ausserhalb unseres Sonnensystems finden, das ist nicht das Problem. Aber bis wir dort tatsächlich auf intelligentes Leben treffen, wird es sicherlich dauern.
Die Suche beginnt ja gerade erst. Seit 50 Jahren spielen wir mit Missionen auf dem eigenen Spielplatz, unserem Sonnensystem. Und jetzt schauen wir über den Zaun und sehen, dass es dort draussen noch irgendetwas anderes gibt.
Wir müssen jetzt erst einmal einen passenden Exoplaneten identifizieren, der die Möglichkeit für Leben bietet. Dann wissen wir noch lange nicht, ob es da auch wirklich Leben gibt.
Wir wissen ja jetzt schon, dass die Rohstoffe auf der Erde knapp werden. Ist es möglich, dass wir uns irgendwann einmal aus dem All bedienen?
Van Gasselt: Ich weiss nicht, was wahrscheinlicher ist: Ob wir uns aus dem All an Rohstoffen bedienen oder ob wir versuchen, irgendwo andere bewohnbare Welten aufzuziehen. Es ist aber erst einmal naheliegender, dass wir Rohstoffe runterbringen, bevor wir einen anderen Himmelskörper besiedeln.
Aber ganz unwahrscheinlich wäre es nicht, dass einmal Menschen auf dem Mond oder auf einem anderen Gestirn siedeln?
Van Gasselt: Ja, in diese Richtung wird es gehen. Wir werden es nicht mehr erleben, dass es dort grosse Kolonien gibt oder wir den ganzen Mond besiedelt haben. Dafür sind noch viele Fragen zu klären. Wie bekomme ich die Rohstoffe, die dort vorhanden sind, genutzt? Und wie schütze ich mich vor der hochenergetischen Strahlung der Sonne? Wie erzeuge ich eine Atmosphäre auf dem Mond? Oder lebt man die ganze Zeit in Gewächshäusern?
Es gibt viele Szenarien. Beispielsweise existieren natürliche Hohlräume auf dem Mond. Man überlegt, ob man diese nutzen kann. Aber etwas Vergleichbares zu den Lebensbedingungen auf der Erde bekommen wir sobald sicherlich nicht hin.
Dass es irgendwann demnächst einen Aussenposten auf dem Mond geben könnte, ist hingegen nicht so absurd.
Was verstehen Sie unter demnächst?
Van Gasselt: Pläne werden in derzeit allen grossen internationalen Programmen der Weltraumagenturen thematisiert. Der Zeithorizont liegt bei 2025 bis 2050. Wenn dieselben Mittel zur Verfügung stünden, wie beispielsweise Anfang der 1960er-Jahre, um das Apolloprogramm auf den Weg zu bringen, dann ist sowas sehr schnell möglich. Da reden wir vielleicht von einem Jahrzehnt, bis dort oben ausgewählte Menschen in einer Station daran arbeiten, den Mond für eine grössere Anzahl Menschen bewohnbar zu machen. Aber wenn das mit den Mitteln so weiter läuft wie bisher - es wird in den grossen Raumfahrtprogrammen diesbezüglich stark gekürzt - dann liegt so ein Szenario wirklich sehr weit in der Zukunft.
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