Rund eine Woche sollten zwei Nasa-Astronauten an Bord der ISS bleiben. Weil der "Starliner" Probleme macht, sind es jetzt schon fast drei Monate. Wie geht es weiter?

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Auf rund eine Woche an Bord der Raumstation ISS hatten sich die Astronautin Suni Williams und ihr Kollege Barry Wilmore eingestellt. Doch ihr Raumschiff macht Probleme. Inzwischen sind seit ihrer Ankunft fast drei Monate vergangen - und noch immer ist unklar, wie sie zurück zur Erde kommen sollen. Die Nasa muss eine der kniffligsten Entscheidungen ihrer Geschichte fällen - und hat sich dafür nun eine Frist bis etwa zum Monatsende gesetzt.

Williams habe vor dem Flug Anfang Juni noch Zeit mit ihren Hunden verbracht, Wilmore den Rasen seines Gartens gemäht, hatte es von der US-Raumfahrtbehörde Nasa zum Start geheissen. Alles ganz normal und unaufgeregt also. Doch es kam anders.

Das Problem heisst "Starliner". Beim ersten bemannten Testflug des Raumschiffes zur ISS kamen Williams und Wilmore zwar heil an, doch es traten unter anderem Heliumlecks und Probleme mit den Triebwerken auf. Der ursprünglich für Mitte Juni geplante Rückflug wurde abgesagt. Seither hängen Williams und Wilmore auf der Raumstation fest.

Risiko oder zeitraubende Alternative?

Die Nasa steht vor der schwierigen Frage: Können es die beiden Astronauten mit dem "Starliner" zurück zur Erde schaffen? Um das herauszufinden, führen Teams der Nasa und des Herstellers Boeing seit Wochen Tests und Untersuchungen durch, im All und auf der Erde. Klarheit habe das bisher nicht gebracht, heisst es. Die Teams hätten "grossartige Arbeit" geleistet, sagt Nasa-Manager Ken Bowersox - spricht aber auch von "schmerzhaften Diskussionen".

Diskutiert werden vor allem zwei Möglichkeiten: die riskante Rückkehr mit dem "Starliner" oder ein Umschwenken auf einen Flug mit dem "Crew Dragon". Für die erste Variante müssten die aufgetretenen Probleme mit den Triebwerken und Heliumlecks abschliessend geklärt und aus dem Weg geräumt sein - was bislang nicht gelang.

Astronaut steckt fest: Familie ist trotzdem zuversichtlich

Die Astronauten Butch Wilmore und Sunita Williams stecken wegen technischer Probleme an ihrem Raumschiff auf der ISS im All fest. Wilmores Familie aus Knoxville im US-Bundesstaat Tennessee ist dennoch zuversichtlich – auch wenn der 61-Jährige einige wichtige Familienereignisse verpassen wird.

Alternativ könnte der "Starliner" ohne die beiden Astronauten zurück zur Erde fliegen, wofür eine umfangreiche, zeitintensive Software-Rekonfiguration notwendig wäre. Der wegen der aktuellen Probleme von August auf September verschobene Start der "Crew 9" mit dem "Crew Dragon" von SpaceX würde dann mit nur zwei statt vier Astronauten durchgeführt.

Williams und Wilmore würden Teil dieser Crew und mit ihren beiden Kollegen wohl Anfang 2025 zur Erde zurückkehren. Dafür bräuchten sie noch spezielle Raumanzüge, denn mit denen aus dem "Starliner" kann man nicht einfach auch im "Crew Dragon" fliegen. Wer von der ursprünglichen Crew in diesem Fall nicht mitfliegen würde, wollten Nasa und SpaceX bisher nicht sagen.

Nasa-Chef: Sicherheit der Astronauten ist oberste Priorität

"Wir wollen diese Entscheidung nicht darauf basieren, wie wir uns fühlen", sagt Nasa-Manager Bowersox, "sondern rein auf den Daten". Letztlich obliege die Entscheidung Nasa-Chef Bill Nelson. Der betont via Online-Plattform X, dass oberste Priorität immer die Sicherheit der Astronauten habe.

Williams und Wilmore müssen sich jedenfalls noch auf weitere Zeit auf der ISS einstellen. Mit dem "Starliner" könnten sie wohl frühestens im September zurück zur Erde, mit dem "Crew Dragon" womöglich im Februar - in diesem Fall wären aus ihrer Woche an Bord rund neun Monate geworden.

Die 58-Jährige und der 61-Jährige seien erfahrene Astronauten, es sei nicht ihr erster Aufenthalt im All und an Bord der ISS und die beiden seien für alle Eventualitäten ausgebildet, betont die Nasa immer wieder. Sie seien in alle Gespräche eingebunden und "bereit zu tun, was immer sein muss", sagt Nasa-Manager Steve Stich.

Mehr Lebensmittel werden verbraucht - und mehr Schlüpfer

Zwei Astronauten an Bord des "Starliner"
Die Nasa-Astronauten Butch Wilmore (r) und Suni Williams warten auf den Start der Boeing "Starliner"-Kapsel. (Archivbild) © dpa / Uncredited/NASA/AP/dpa

"Mit so einem Testflug ist man immer auch auf die Möglichkeit eingestellt, dass er länger dauern könnte", sagt Nasa-Manager Joel Montalbano. "Aber es geht ihnen gut, sie sind voll integriert im Rest der Crew und genauso beschäftigt wie jede andere Crew da oben. Natürlich sind sie auch Menschen und das alles ist schwierig für Crew-Mitglieder und ihre Familien, das wissen wir. Aber sie sind professionelle Astronauten und machen das grossartig."

Williams und Wilmore seien eine grosse Extra-Hilfe an Bord der ISS, betont die Nasa immer wieder - aber die beiden verbrauchen auch Extra-Ressourcen wie Lebensmittel und Hygiene-Artikel. Zudem sind sie nun auch länger der dort höheren Strahlung ausgesetzt als ursprünglich veranschlagt.

Hat der "Starliner" eine Zukunft?

Bei allen Gedanken um die Astronauten: Im Hintergrund geht es auch um die Zukunft des "Starliner". Das vom Luft- und Raumfahrtunternehmen Boeing im Auftrag der Nasa entwickelte und gebaute Raumschiff sollte eigentlich längst regelmässig Astronauten zur ISS bringen - als Alternative zum "Crew Dragon" der Raumfahrtfirma SpaceX von Tech-Milliardär Elon Musk, der das schon seit Jahren zuverlässig tut.

Doch das teilweise wiederverwendbare Raumfahrzeug, das aus einer Kapsel für die Besatzung und einem Servicemodul besteht, zeigt sich extremst krisengeplagt: Beim ersten unbemannten Test kam das Raumschiff 2019 gar nicht erst an der ISS an, ein zweiter glückte zwar 2022, doch danach häuften sich die Probleme wieder und führten zu zahlreichen Verschiebungen.

Man wolle unbedingt an der Idee von zwei alternativen Transportsystemen festhalten, betont Nasa-Manager Bowersox. Die Probleme seien lösbar, "und dann sehe ich eine strahlende Zukunft für den 'Starliner'". Auch Boeing betont das immer wieder - so wie Bowersox seinen "grossen Respekt für das Boeing-Team". Zugleich sagt der Manager aber auch: "Die Antwort steht immer in den Daten." (dpa/bearbeitet von sob)

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