Immer häufiger macht die Entdeckung von Exoplaneten Schlagzeilen. Nun haben Astronomen erneut einen potenziell bewohnbaren Exoplaneten gefunden. Auf ihm könnte Leben möglich sein. Doch wie untersuchen Wissenschaftler solche Himmelskörper über die unvorstellbaren Entfernungen hinweg?
Wissenschaftler haben einen potenziell bewohnbaren Exoplaneten gefunden. Der Planet und sein Stern sind der Erde und unserer Sonne so ähnlich, wie noch kein anderes Gespann zuvor. Die Forscher des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung haben ihre Ergebnisse im Fachmagazin "Astronomy & Astrophysics" vorgestellt.
KOI-456.04 ist fast doppelt so gross wie die Erde
Der Planet hat genau die richtige Entfernung zu seinem Stern und könnte somit flüssiges Wasser auf seiner Oberfläche haben - und damit Leben auf ihm ermöglichen. Er ist 1,9 Mal grösser als unsere Erde und heisst KOI-456.04.
"Es ist die Konstellation des Planeten, der fast doppelt so gross ist wie die Erde und seines sonnenartigen Sterns, der ihn so speziell und vertraut macht", erklärt René Heller, der Hauptautor der Studie, in einem Statement.
Aufgrund seiner Grösse vermuten die Wissenschaftler, dass dort die atmosphärischen Bedingungen unseren ähneln. Ihren Berechnungen zufolge könnte die Durchschnittstemperatur auf dem Exoplaneten etwa 5 Grad Celsius betragen, auf der Erde sind es dem Max-Planck-Institut zufolge etwa 15 Grad Celsius.
Der Stern, um den KOI-456.04 kreist, ist circa 1,1 Mal grösser als die Sonne und mit 5.200 Grad Celsius Oberflächentemperatur nur 300 Grad kälter. Das System ist über 3.000 Lichtjahre von unserem entfernt.
Andere Teleskope müssen nun bestätigen, dass der Planet auch wirklich ein Exoplanet ist. Bis dahin gilt er als Planeten-Kandidat. Aber was genau ist eigentlich ein Exoplanet?
Wann wurden die ersten Exoplaneten entdeckt?
Erst seit 1995 wissen wir sicher, dass auch ausserhalb unseres Sonnensystems Planeten existieren. Die Entdeckung von 51 Pegasi b durch die Astronomen Michel Mayor und Didier Queloz von der Universität Genf gilt als der erste bestätigte Nachweis eines Exoplaneten.
In der Folge wurden in den 1990ern pro Jahr nur einzelne solcher Himmelskörper gefunden, in den 2010er Jahren geht die Zahl der jährlichen Neuentdeckungen schon in die Hunderte.
Wie werden Exoplaneten entdeckt?
So wie Erde, Mars und Venus um unsere Sonne kreisen, drehen Exoplaneten ihre Runden um andere Sterne. Daraus ergeben sich grundsätzlich zwei Methoden, um einen weit entfernten Planeten auszumachen.
Wenn sich der Planet von der Erde aus gesehen vor seinem Stern befindet, wird das Licht, das die Erde erreicht, minimal abgedunkelt. "Das sind Verdunklungen von 0,01 bis 0,001 Prozent des Sternenlichts", sagt der Planetengeologe Ulrich Köhler vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Wenn der Planet bei seiner kreisenden Bewegung hinter dem Stern verschwindet, wird das Licht wieder minimal heller.
Inzwischen gibt es Teleskope, die so leistungsfähig sind, um diese Veränderungen zu messen. Wenn diese Lichtschwankungen periodisch verlaufen, kann man davon ausgehen, dass der Stern von einem anderen Himmelskörper umkreist wird.
Die zweite Methode macht sich die Tatsache zunutze, dass Himmelskörper eine Anziehungskraft aufeinander ausüben. "Das ist bei unserem Sonnensystem auch so, dass die nahe an der Sonne gelegenen Planeten wie Venus und Mars den Schwerpunkt der Sonne ein wenig hin und her ziehen", sagt Köhler.
Wenn also der Planet von der Erde aus gesehen hinter seinem Stern steht, entfernt sich dieser minimal von der Erde. Wenn er sich aus unserer Perspektive vor dem Stern befindet, rückt dieser minimal näher an die Erde heran. Das wiederum auf der Erde als eine Schwankung der Lichtfrequenz messbar.
Licht verrät viel über einen Planeten
Durch die Kombination der beiden Messmethoden können Wissenschaftler viele Eigenschaften eines Exoplaneten ableiten. Mit den Daten lässt sich errechnen, wie nah seine Umlaufbahn am Stern ist, wie lange der Planet für eine Umrundung braucht, welche Masse und welche Grösse er hat.
Aus der Masse und der Grösse lässt sich die Dichte ableiten. Diese ermöglicht die Feststellung der Beschaffenheit eines Planeten: ob es sich um einen Gesteinsplaneten handelt, der relativ klein und schwer ist, oder um einen Gasplaneten, der im Verhältnis zu seiner relativ geringen Masse sehr gross ist.
Wann ist Leben möglich?
Wenn Leben überall im Weltall so funktioniert wie auf der Erde, dann ist eine der Bedingungen dafür flüssiges Wasser. In Abhängigkeit davon, wie viel Energie ein Stern ausstrahlt, gibt es einen bestimmten Abstand, in dem Wasser in flüssiger und gasförmiger Form vorhanden sein kann. Dieser Bereich wird habitable Zone genannt. Wenn sich ein Planet in dieser Zone um seinen Stern befindet, ist es theoretisch möglich, dass darauf Leben entstehen könnte.
Um nachzuweisen, ob tatsächlich Leben auf einem Exoplaneten existiert, untersuchen Wissenschaftler dessen Atmosphäre. Dass die Erdatmosphäre Stickstoff und Sauerstoff enthält, ist auf biologische Prozesse zurückzuführen. Venus und Mars haben dagegen eine Atmosphäre, die aus Kohlendioxid besteht.
Ob ein Planet eine Atmosphäre hat und woraus diese besteht, verrät ebenfalls das Licht, das auf der Erde von Hochleistungsteleskopen eingefangen wird. Auf eine Atmosphäre lässt schliessen, wenn der Rand des Planeten das Sternenlicht anders verdunkelt als sein Kern. Die chemische Beschaffenheit der Atmosphäre verändert ebenfalls die Werte des Lichts, das uns erreicht.
Noch keine zweite Erde in Sicht
Mehr als 4.000 Exoplaneten sind bislang bekannt. Doch bei keinem davon wurde eine Atmosphäre festgestellt, die biologische Prozesse wie Photosynthese vermuten lässt.
Doch die Suche hat im Grunde ja erst begonnen. Laut Köhler gibt es Berechnungen, denen zufolge allein in der Milchstrasse Hunderte von Milliarden Planeten existieren müssen. Und es werden ständig leistungsfähigere Teleskope entwickelt, die ihre Entdeckung und Untersuchung erleichtern. (ff)
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Ulrich Köhler, Planetengeologe am Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR)
- Astronomy & Astrophysics: "A 1.9R transit candidate in the habitable zone of Kepler-160 and anontransiting planet characterized by transit-timing variations"
- Max-Planck-Gesellschaft: "A faint resemblance of Sun and Earth"
- ScienceAlert: "Astronomers Discover Star And Planet Strikingly Similar to The Sun And Earth"
- ESA: "A brief introduction to exoplanets"
- ESA: "Exoplanet detection methods"
- NASA: "About Exoplanets"
- DLR: "Gibt es Kandidaten für eine zweite Erde?"
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