Der Rand unseres Sonnensystems ist unvorstellbar weit von der Erde entfernt. In dem dunklen und kalten Teil des Universums gibt es immer wieder überraschende Ereignisse: Pluto ist etwa durch die Entdeckung des Zwergplaneten Eris kein Planet mehr. Womöglich gibt es dort aber auch eine verborgene Supererde?
Acht Planeten hat unser Sonnensystem: Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und die Erde. Noch bis 2006 gab es neun Planeten: Bis dahin gehörte auch der am weitesten von der Erde entfernte Himmelskörper Pluto dazu. Doch er hat seinen Status verloren und ist nun nur noch ein Zwergplanet. Die Region, in der Pluto kreist, ist unvorstellbar weit weg. 249 Erdenjahre benötigt er für einen Umlauf um die Sonne. Je nach Position ist er dann knapp sechs Milliarden Kilometer von ihr entfernt.
Pluto war das erste bekannte Objekt im sogenannten Kuipergürtel. Dabei handelt es sich um eine gürtelförmige Zone jenseits der Bahn des Neptun, dem nun äussersten Planeten unseres Sonnensystems. Alles, was ausserhalb seiner Bahn liegt, befindet sich mehr oder weniger am Rand unseres Sonnensystems. Die Himmelskörper in dieser Region werden auch transneptunische Objekte genannt. Neben Pluto gibt es noch weitere Zwergplaneten in der Gegend: Eris, Makemake und Haumea.
Zwergplaneten dominieren ihre Bahn nicht
Die Klasse der Zwergplaneten existiert erst seit zehn Jahren. Die Astronomen standen damals vor einem Problem: 2003 hatten sie ein transneptunisches Objekt entdeckt, das zunächst grösser erschien als Pluto. Es ist knapp 10,1 Milliarden Kilometer von der Sonne entfernt, braucht für eine Umlaufbahn 557 Jahre und wird vom Mond Dysnomia begleitet. Wie konnte dann aber Pluto ein Planet sein, das Eris getaufte Objekt aber nicht?
Statt Eris zum zehnten Planeten zu machen, schufen die Wissenschaftler eine neue Klassifizierung, die Zwergplaneten. Beide Typen kreisen um die Sonne und haben eine annähernd runde Form. Der wichtigste Unterschied: Planeten haben die Umgebung ihrer Bahnen von anderen Körpern bereinigt, sind also die dominierenden Himmelskörper darin. Das trifft auf Pluto und Eris nicht zu.
70.000 grössere Himmelskörper am Rand des Sonnensystems
Welche Schwierigkeiten Astronomen bei der Erforschung dieser weit entfernten Allregionen haben, zeigt sich schon bei der Berechnung der Grösse von Pluto. Seit seiner Entdeckung 1930 rätseln Wissenschaftler über seinen Umfang. Mal hielt man ihn für so gross wie die Erde, dann erschien er kleiner als Eris. Das Problem: Seine Atmosphäre verschleiert die genauen Masse. Heute weiss man: Pluto ist 2.370 Kilometer gross und damit grösser als "Konkurrent" Eris. Der Zwergplanet hat fünf Monde, die um ihn kreisen, Charon, Kerberos, Styx, Nix und Hydra.
Im Kuipergürtel befinden sich unzählige weitere grössere und kleinere Himmelskörper. Astronomen schätzen, dass es dort mehr als 70.000 Objekte mit mehr als 100 Kilometer Durchmesser gibt. Dazu kommen viele weitere kleinere wie Kometen und Asteroiden. Immer wieder werden neue Himmelskörper entdeckt, die so gross sind, dass sie auch Zwergplaneten sein könnten. Einen davon mit der vorläufigen Bezeichnung "2015 RR245" fanden Wissenschaftler erst vor kurzem, sie gaben die Entdeckung Mitte Juli bekannt. Der Eiskörper kreist jenseits von Neptun um die Sonne und ist bis zu 700 Kilometer gross. Damit ist er das inzwischen 18. bekannte grösste Objekt im Kuipergürtel.
Was sich dort noch alles tummelt, das könnte die Weltraumsonde "New Horizons" herausfinden. Sie flog erst vor einem Jahr an Pluto vorbei, soll aber die Region weiter erforschen. Im Januar 2019 könnte sie dann etwa am Himmelskörper "2014 MU69" vorüberfliegen.
Gibt es einen Planeten X?
Vielleicht löst die Sonde ja eines der grössten Rätsel der Astronomie: Seit Jahrzehnten spekulieren Forscher darüber, ob es am äussersten Rand des Sonnensystems einen weiteren Planeten gibt. Sie haben ihn "Planet X" getauft. Er dürfte sehr weit hinter Pluto liegen, könnte aber bislang noch nicht entdeckt worden sein, weil er zu klein ist – und zu kalt, als dass Infrarotteleskope ihn erfassen könnten. Ein Kandidat war 2004 der 100 Kilometer grosse Himmelskörper Sedna, in doppelter Entfernung von Pluto gelegen. Doch Sedna zählt für die Astronomen nicht als Planet.
Möglicherweise versteckt sich der zehnte Planet in der "Oortschen Wolke", die am Rande des Kuipergürtels liegt und in ihn übergeht. Manche Wissenschaftler glauben sogar, dass es dort zwei weitere riesige Planeten gibt, sogenannte Supererden. Damit sind Himmelskörper gemeint, die grösser als die Erde sind, aber nicht aus Gas bestehen wie Jupiter. Die Experten leiten ihre Theorie von der Flugbahn eines Zwergplaneten ab: Sie gehen davon aus, dass diese von einer bislang unbekannten externen Anziehungskraft beeinflusst wird. Diese stammt womöglich von einem oder mehreren weiteren Planeten.
Der "Plutokiller" glaubt an die Supererde
An die Existenz einer Supererde in der Region glaubt zum Beispiel Mike Brown vom California Institute of Technology. Der Wissenschaftler hatte den Zwergplanten Eris entdeckt und wird deshalb auch der "Plutokiller" genannt. Er schätzt, dass die Supererde die Sonne in einer riesigen Umlaufbahn umkreist. Diese wäre 20 mal weiter von ihr entfernt als Neptun. Ein einziger Umlauf um die Sonne würde dann bis zu 20.000 Erdenjahre dauern.
Diese Distanz lässt sich auch in Längenmassen ausdrücken: Die Supererde müsste mindestens 100 Astronomische Einheiten von uns entfernt sein. Pluto liegt je nach Umlaufbahn zwischen 28 und 50 Astronomische Einheiten weit weg. Eine Astronomische Einheit entspricht genau 149.597.870 Kilometern. Zum Vergleich: Der Mond ist gerade einmal 400.000 Kilometer von der Erde entfernt.
Leben wie auf der Erde wäre in einer solchen Region allerdings nicht möglich: Sie ist zu weit von der Sonne entfernt, es ist zu kalt und zu dunkel. Schon Pluto besteht nur aus unwirtlichem Gestein, überzogen von Eisschichten.
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