Manchmal ist es kaum zu glauben, wie sich einige von Omas Ernährungsgrundsätzen heimlich in das neue Jahrtausend geschlichen haben. Das Wort Mythos ist hier zuweilen mehr als gerechtfertigt.
Was man als Kind nicht alles über sich ergehen lassen musste - da wurde ganz tief in die psychologische Trickkiste gegriffen. Anhand des Comic-Helden Popeye wurde einem erklärt, dass jener Spinatmatrose nur aufgrund seiner eisenreichen Ernährung so stark und gesund sei. Lieder mit dem Inhalt "C-a-f-f-e-e, trink nicht so viel Kaffee" musste man singen, um sich selbst immer wieder vor Augen zu führen, dass das schwarze Getränk ungesund ist.
Aber mal ehrlich, im Zuge der Technologisierung, Forschung und Entwicklung hat sich so einiges getan. Langwierige Untersuchungen lassen Ernährungswissenschaftler heute Tacheles reden: Was ist in welcher Menge wie gesund oder ungesund? Alle Erkenntnisse zu den zehn hartnäckigsten Ernährungsmythen sind auf den folgenden Seiten zusammengefasst - bitte auch der Oma weitersagen.
Obst und Gemüse: "5 am Tag"
Die Regel, fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag zu essen, kommt nicht von ungefähr. Schafft man es, sich daran zu halten, ernährt man sich nicht nur gesund und verringert das Risiko auf Übergewicht, sondern beugt auch Krankheiten vor. Die Pflanzenkost schützt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes genauso wie vor einigen Krebsarten wie zum Beispiel Dickdarmkrebs.
"5 am Tag" oder auch 650 Gramm am Tag empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung. Der durchschnittliche Verzehr in Deutschland liegt weit darunter mit 300 Gramm pro Person.
Mohn macht dumm
Dieses Gerücht kam wohl zustande, da in Mohn Betäubungsmittel enthalten ist, aus dem Morphium hergestellt wird. Allerdings handelt es sich dabei um den sogenannten Schlafmohn. Im Speisemohn, der in Nahrungsmitteln verarbeitet wird, sind die Opiatspuren so gering, dass ein Kind nahezu acht Mohnbrötchen am Stück essen müsste, bevor eine messbare Wirkung eintreten würde. Ernährungswissenschaftler halten Speisemohn daher für unbedenklich.
Schlafmohn darf in Deutschland nicht angebaut werden. Ein Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz würde teuer werden und kann sogar bis zu 5 Jahre Freiheitsentzug bedeuten. Sitzt man dann einmal im Gefängnis, hat es sich mit dem Mohn gänzlich erledigt: hier ist der Verzehr von mohnhaltigen Speisen strikt untersagt, da nicht unterschieden werden kann, ob Opiatspuren im Urin auf Rauschgift oder Mohnbrötchen zurückzuführen sind.
Drei Liter Wasser am Tag
Diese Angabe muss man nur bei grosser Hitze oder viel sportlicher Betätigung ernst nehmen. Etwas weniger Nass schadet keineswegs. Ernährungsexperten halten 2,5 Liter am Tag für ausreichend, davon wird 1 Liter bereits durch Nahrung aufgenommen. Trinkt man also 1,5 Liter Wasser am Tag liegt man genau im gesunden Schnitt.
Richtig ist, dass Leute mit Schnupfen oder starkem Diätwillen mehr als 1,5 Liter Wasser zu sich nehmen sollen – aber Achtung: nicht bis zum Ertrinken trinken. Die zunehmende Anzahl von Fällen der Wasserintoxikation zeigt, dass übermässige Wasserzufuhr zu einer Volumenüberlastung führt, die wiederum zu Herzproblemen, Ödembildung und Hirndruck führen kann.
Spinat ist eisenreich
Der Mythos lebt, basiert aber auf einem Kommafehler in der Ernährungsliteratur. Als ein Forscher Ende des 19. Jahrhunderts 35 Milligramm in 100 Gramm Spinat ermittelte, beachteten die Ernährungsratgeber nicht, dass frischer Spinat zu 90 Prozent aus Wasser besteht. Dementsprechend stecken in einer 100-Gramm-Portion frischem Spinat nämlich nur 3,5 Milligramm Eisen. Erst Jahrzehnte später wurde dieser Kommafehler aufgedeckt.
Viele Kinder haben das verhasste Gemüse aufgrund dieses Trugschlusses zu sich nehmen müssen. Wenn auch unbewusst, lagen ihre besorgten Mütter aber nicht vollkommen daneben. Spinat ist wegen seines hohen Mineralien- und Vitamingehalts durchaus gesund. Nur übermenschliche Kräfte verleiht er nicht. Also bitte nicht auch noch auf Popeye hereinfallen.
Lakritze macht impotent
Männer, die zu viel von der schwarzen Nascherei zu sich nehmen, können durchaus Probleme bekommen. Laut einer italienischen Studie reduzieren 7 Gramm Lakritze pro Tag innerhalb von vier Tagen den Testosteronspiegel um die Hälfte. Potenzprobleme können die Folge sein. Vermutet wird ein Zusammenspiel des Wirkstoffs Glycyrrhizin mit einem körpereigenen Enzym, das an der Testosteronproduktion beteiligt ist.
Kleiner Trost für alle Männer (und Frauen): Nach viertägigem Lakritze-Verzicht erholt sich der Blutspiegel wieder. Längerfristige Konsequenzen hat man also nicht zu befürchten.
Vollkornprodukte sind gut für den Körper
Das ist richtig und liegt an ihrem niedrigen glykämischen Index. Das heisst, nach ihrem Verzehr wird das Insulin gleichmässiger ausgeschüttet und man fühlt sich nicht nur fit, auch die Fettverbrennung läuft konstant. Zudem halten sie durch ihre Ballaststoffe länger satt und verleiten weniger zum Naschen.
Für eine ausgewogene Ernährung empfiehlt es sich daher von Zeit zu Zeit den Tag mit Haferflocken oder einer Müsli-Mischung zu starten. Wahlweise ist auch der Griff zu Vollkornnudeln, Roggen-, Schwarz- oder Knäckebrot gesund. Und vielleicht freut sich ja der eine oder andere zu hören, dass auch Gerstenbier zu den Vollkornprodukten zählt.
Pilze darf man nicht aufwärmen
Diese Behauptung bestand jahrelang sicher nicht grundlos – Pilze zählen zu den leicht verderblichen Lebensmitteln und können giftige Stoffe bilden, wenn man sie zu lange oder vor allem im Warmen stehen lässt. Im Zeitalter des modernen Kühlschranks hat sich diese Gefahr drastisch verringert. Wurden die Pilze zügig abgekühlt, besteht laut Ernährungsexperten keine Gefahr sie ein zweites Mal aufzuwärmen. Trotzdem sollte man einmal zubereitete Pilze nicht mehrere Tage stehen lassen.
Ähnlich verhält es sich mit dem bereits besprochenen Spinat. Auch hier sollen Reste angeblich kein zweites Mal aufgewärmt werden. Ähnlich wie bei Pilzgerichten gilt jedoch: Reste zügig abkühlen und erst unmittelbar vor dem Verzehr wieder aus dem Kühlschrank holen, dann zügig erwärmen und nicht warmhalten - so kann auch nichts passieren.
Karotten sind gut für die Augen
Darin sind sich alle Generationen und selbst die Augenärzte einig. Verantwortlich dafür ist Beta-Carotin, ein Stoff, der in Karotten reichlich vorkommt. Aus ihm stellt der Körper Vitamin A her, welches wiederum wichtig für Augen, Haut, Wachstum und Knochenentwicklung ist. Trugschluss ist lediglich die Annahme, dass Karotten Kurz- oder Weitsichtigkeit beeinflussen können.
Auch Spinat, Brokkoli, Grünkohl, Tomaten oder Paprika sind gute Beta-Carotin-Quellen. Wer seinen Augen etwas Gutes tun will, hat also reichlich Alternativen.
Schokolade ist ungesund
Das kommt darauf an – sicherlich sind Berge von Schokolade ungesund, zu fett, schlecht für die Zähne und die Taille. Andererseits gilt als erwiesen, dass Schokolade in Massen glücklich macht und sogar das Herz schützen kann. Ähnlich wie Rotwein oder Tee enthält Schokolade nämlich Flavonoide, die vor Arterienverkalkung schützen können, indem sie die Blutgefässe elastisch halten.
Will man gesund naschen, greift man zu Bitterschokolade. Durch ihren hohen Kakaogehalt von 80 Prozent enthält sie nicht nur weniger Fett als Vollmilchsorten, sondern auch mehr Flavonoide.
Probiotika stärken die Abwehr
Das versucht uns zumindest die Werbung weis zu machen – überraschenderweise ist auch etwas dran. Studien belegen, dass die probiotischen Bakterien in Joghurts oder Probiotikdrinks den Darm gesund halten, das Immunsystem stärken und Wohlbefinden auslösen können. Diese Effekte sind jedoch nur für bestimmte Stämme nachgewiesen und bestehen auch nur dann, wenn man immer die gleichen Bakterien zu sich nimmt.
Für folgende Krankheiten ist die positive Wirkung von Probiotika verhältnismässig gut erforscht: diverse Durchfallerkrankungen, chronische Verstopfung, Vorbeugung von Allergien bei Frühgeborenen bzw. Vorbeugung von Neurodermitis.
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