Forscher aus Leipzig haben ein Enzym gefunden, das PET in Rekordzeit zerlegt. Schottland verbietet ein besonders klimaschädliches Narkosemittel. Und ein Hersteller von veganen Fleischersatzprodukten plant eine Mega-Ranch. In regelmässigen Abständen stellen wir Ihnen Innovationen und Entwicklungen aus aller Welt vor, die sonst nur wenig mediale Beachtung finden.

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PET-zerlegende Enzyme könnten Bio-Recycling revolutionieren

Wenn eine Plastikflasche in der Natur landet, dauert es bis zu 450 Jahre, bis sie zu Mikroplastik zerfallen ist. Diese klitzekleinen Kunststoffteilchen lösen sich vermutlich nie ganz auf – und gelangen über die Nahrungskette auch in den menschlichen Organismus. Bereits vor einigen Jahren haben japanische Forscher ein Bakterium aufgetan, das Plastik verzehrt. Ein Forscher-Team des Instituts für Analytische Chemie in Leipzig beschäftigt sich aktuell mit einem Enzym, das PET in kürzester Zeit in seine Grundbausteine zerlegt. Gefunden wurde das Enzym mit dem Titel PHL7 im Jahr 2022 in einem Komposthaufen auf dem Südfriedhof in Leipzig.

Dass die Forscher um den Biochemiker Dr. Christian Sonnendecker in einem Komposthaufen fündig wurden, ist kein Zufall. In diesen tümmeln sich zahlreiche Enzyme, die pflanzliche Polymere spalten. Dass genau dieses Enzym gefunden wurde, ist jedoch eine Sensation, denn es kann eine PET-Kunststoffverpackung in Rekordzeit vollständig zerlegen. Aus dem ursprünglich gefundenen Enzym konnten die Forscher laut SWR nun noch schneller arbeitende Enzyme ziehen.

Durch die schnelle Zerlegung in seine einzelnen Stoffe könnten die Enzyme Bio-Recycling bald auch wirtschaftlich interessant machen. Denn: Dadurch, dass sie PET in seine Einzelstoffe zerlegen, können daraus anschliessend neue Verpackungen ohne neues Erdöl hergestellt werden. In einer Versuchsanlage wollen sie ihre Arbeit nun ausweiten und auch erforschen, ob Enzyme auch andere Kunststoffarten zerlegen können.

Schottland verbannt klimaschädliches Narkosegas Desfluran

Krankenhäuser haben nicht nur einen extrem hohen Energiebedarf und produzieren viel Müll, auch die in OP-Sälen verwendeten Klimageräte und viele Narkosegase schaden dem Klima. Diese werden oft ungefiltert durch die Lüftung in die Umwelt geleitet, wo sie lange Zeit in der Atmosphäre bleiben. Desfluran gilt als das klimaschädlichste aller Inhalationsnarkosegase. Sein Treibhauspotential ist besonders hoch:

  • Die Emissionen, die bei einer siebenstündigen Operation mit Verwendung von Desfluran entstehen, entsprechen etwa einer 15.000 Kilometer langen Autofahrt.
  • Das Narkosegase soll um das 2.540-Fache klimaschädlicher als CO2 sein.

Umweltschützer und Vereine wie der BUND fordern schon lange, dass Kliniken den Einsatz des Narkosemittels reduzieren und stattdessen häufiger weniger klimaschädliche Inhalationsanästhetika wie Sevofluran verwenden.

Auch wenn der Einsatz des teuren und klimaschädlichen Narkosegases in vielen deutschen Kliniken bereits zurückgegangen ist, ist man in Schottland bereits einen grossen Schritt weiter. Als weltweit erstes Land verbietet Schottland den Einsatz von Desfluran. Nur noch in besonderen Ausnahmefällen soll es verwendet werden dürfen. England plant, das Gas ab Anfang 2024 aus Operationssälen zu verbannen, die EU will erst im Jahr 2026 nachziehen.

Vegane Mega-Ranch für Fleischersatzprodukte aus Pilzen

Eine Person, die sich vegan ernährt, hinterlässt im Vergleich zu einer Person, die sich fleischlastig ernährt, im Ernährungsbereich einen rund zwei Drittel niedrigeren Stickstoff-Fussabdruck. Pflanzenbasierte Fleischersatzerzeugnisse haben eine deutlich bessere Umweltbilanz als Fleischprodukte – und sie verursachen kein Tierleid. Mit der steigenden Zahl von Vegetariern und Veganern in Deutschland werden die Veggie-Optionen immer beliebter.

Allerdings stehen einige pflanzliche Fleischersatzprodukte aufgrund ihrer ungesunden Zusammensetzung mit hohem Salz-, Fett- und Zuckergehalt oder Geschmacksverstärkern und der starken Verarbeitung in der Kritik. Jedoch gibt es auch weniger stark verarbeitete Alternativen, etwa auf Basis von Lupinen, Grünkernen oder Tempeh. Eine ganz andere Grundlage für ihre veganen Fleischersatzprodukte wählt die Firma Meatie aus den USA.

Das TIME Magazine stellte den pilzbasierten Fleischersatz des Unternehmens als eine der besten Erfindungen des Jahres 2022 vor. Das Unternehmen setzt auf die unterirdischen Teile von Pilzen, das sogenannte Pilzmyzel. Dieses eignet sich aufgrund seiner Konsistenz nicht nur zur Herstellung verschiedener Fleischalternativen ohne gesättigte Fettsäuren und Cholesterin, auch enthält es Nährstoffe, Ballaststoffe und vollwertiges Eiweiss. Zudem wird für die Herstellung von Pilzmyzel deutlich weniger Land als für den Anbau von Monokulturen wie Soja und Weizen oder für die Tierhaltung benötigt.

Gezüchtet wird Pilzmyzel ohne den Einsatz von Pestiziden, Antibiotika oder anderen potentiell gesundheitsschädlichen Stoffen in grossen Edelstahltanks. Nach der Ernte wird das faserige Produkt gewürzt und in die jeweilige Form gebracht. Bald will das Unternehmen im grossen Stil Fleischersatz herstellen. Bis Ende 2023 soll eine ressourceneffiziente “Mega-Ranch“ im US-Bundesstaat Colorado entstehen, die das Produktionsvolumen einer grossen konventionellen US-Ranch mit Tierbestand erreichen soll.

So wolle man mehr Menschen die klimafreundlichere Ernährungsumstellung schmackhaft und möglich machen. Auch das in Deutschland ansässige Biotech-Startup Mushlabs setzt auf Pilzmyzel zur Herstellung von klimafreundlicheren Fleischalternativen. 2022 erhielt das Start-up eine Förderung in Millionenhöhe durch das EIC Accelerator-Programm, mit dem die EU innovative Unternehmen finanziell unterstützt. Wie es scheint, isst die Zukunft vermehrt vegan – und vielleicht auch schon bald pilzbasiertes Kotelett und Co.

Verwendete Quellen:

  • Uni Leipzig: Neu entdecktes Enzym zersetzt PET-Kunststoff in Rekordzeit
  • BUND Berlin: Narkosegase und Klimaschutz
  • The Scottish Government: Making the NHS more environmentally friendly
  • NHS England: Putting anaesthetic emissions to bed: commitment on desflurane
  • EU Monitor: Legal provisions of COM(2022)150 - Fluorinated greenhouse gases
  • Umweltbundesamt: Wie schlägt sich der Ernährungsstil in der persönlichen Stickstoffbilanz nieder?
  • TIME: The Best Inventions of 2022
  • Meati: Growing Meati from the Ground Up
  • National Library of Medicine: Nutrient compositions of culinary-medicinal mushroom fruiting bodies and mycelia
  • Food Innovation Camp: Mushlabs erhält achtstellige EU-Förderung für Fleischalternative aus Pilzen
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