- Eine so grosse Vogelgrippewelle wie aktuell gab es noch nie.
- Immer wieder stecken sich auch Säugetiere an.
- Auch eine Ansteckung von Tier zu Mensch ist möglich. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch gilt bislang aber als unwahrscheinlich.
Derzeit grassiert die grösste Vogelgrippewelle, die jemals dokumentiert worden ist: Der Erreger H5N1 hat nicht nur Vögel auf mehreren Erdteilen befallen, sondern auch andere Tiere stecken sich immer wieder an.
"Es gibt weltweit Berichte über Infektionen bei Säugetieren, unter anderem bei Füchsen, Ottern, Robben, Schwarzbären, Grizzlybären und einer Katze", sagt Elke Reinking, Sprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tiergesundheit. In Südamerika wurden ausserdem kürzlich rund 1.000 Seelöwen entdeckt, die an einer H5N1-Infektion verendet waren.
Sind diese Infektionen ein Hinweis darauf, dass der Erreger auch Menschen infizieren und womöglich eine Pandemie auslösen könnte?
Das ist aktuell zum Glück unwahrscheinlich. Das Virus ist auf Vögel spezialisiert. Es besteht jedoch eine Ansteckungsgefahr für Menschen, wenn sie direkten Kontakt mit mit der Vogelgrippe infiziertem Geflügel haben.
"Das Virus muss verschiedene Hürden überwinden, um Säugetiere besser infizieren zu können, und dann weitere, um von Tier zu Tier übertragen zu werden", sagt Reinking. "Für eine Übertragung auf den Menschen kommen dann nochmals weitere Hürden hinzu." Mit einer Pandemie durch das derzeit zirkulierende Virus sei derzeit deswegen nicht zu rechnen.
Reinking zufolge sind die Säugetiere, die an der Vogelgrippe verendet sind, wahrscheinlich mit dem Erreger in Kontakt gekommen, als sie tote wilde Wasservögel gefressen haben, die mit H5N1 infiziert waren. "Hierbei können sie grosse Virusmengen aufgenommen haben", sagt die Expertin. Solche seltenen Infektionen seien auch von anderen Vogelgrippevirenstämmen bekannt.
Nerze sind ein Sonderfall
Ein besonderer Fall liess Virologinnen und Virologen dann allerdings doch aufhorchen: Im Oktober gab es einen Ausbruch mit dem Erreger H5N1 auf einer Nerzfarm im spanischen Galicien. Mehr als 50.000 Nerze starben oder wurden getötet. "In Nerzfarmen werden die Tiere in hoher Zahl auf engem Raum gehalten, was ein Infektionsgeschehen bei diesen empfänglichen Säugetieren begünstigt", sagt Reinking.
Nerze sind dafür bekannt, dass sie sowohl für Grippeviren empfänglich sind, die Menschen befallen, wie auch für solche, die auf Vögel spezialisiert sind. Und nicht nur das: Auch bei der Corona-Pandemie gab es immer wieder Fälle, bei denen Mitarbeitende das Virus Sars-CoV-19 auf Nerze übertrugen und sich umgekehrt dann wieder durch erkrankte Tiere infizierten.
Spanische und italienische Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben den Fall aus Galicien in einer Studie untersucht. Als wahrscheinlich gilt, dass das Virus über kranke Vögel in die Nerzfarm gelangt ist – zum Beispiel indem ein Nerz einen befallenen Wildvogel in den Käfig gezogen und gefressen hat. Während sich Säugetiere bei den Einzelinfektionen in freier Wildbahn wohl über verendete Vögel infiziert haben, gilt es als wahrscheinlich, dass die Nerze sich gegenseitig mit der Infektion angesteckt haben.
Dazu passt auch, dass die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einige Mutationen des Erregers nachweisen konnten. "Eine dieser Mutationen ist bekannt dafür, die Virusvermehrung in Säugetieren zu verstärken und ist so bei Wildvögeln bisher nicht beobachtet worden", sagt Reinking. Es gelang allerdings, den veränderten Erreger durch die Tötung der Nerze einzudämmen, sodass er sich nicht weiter verbreiten konnte.
Keine Ansteckung von Mensch zu Mensch bekannt
Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch, die Grundlage für eine Pandemie sein könnte, wurde aber bislang nicht beobachtet.
Auch um dieses Risiko weiter einzudämmen, werden aktuell erhöhte Schutzmassnahmen empfohlen. Sie gelten für den Umgang mit Wildvögeln generell und auch beim Umgang mit Geflügel, das sich infiziert haben könnte.
Spanische Grippe ging wohl auf Vogelgrippevirus zurück
Grundsätzlich haben aber auch Vogelviren das Potenzial, eine Pandemie auszulösen: Die sogenannte Spanische Grippe aus dem Jahr 1918 geht beispielsweise vermutlich auf ein Vogelgrippevirus zurück. Damals war der Virustyp H1N1 im Umlauf.
Durch den hochansteckenden Subtyp H5, der aktuell kursiert, sei bislang aber noch nie eine Pandemie ausgelöst worden, sagt Reinking. "Es ist daher unklar, unter welchen Umständen das möglich wäre und ob es überhaupt für diesen Subtyp möglich ist."
Sollte es aber doch einmal zu einer Pandemie durch die Vogelgrippe kommen, greift ein nationaler Pandemieplan. Zuständig dafür ist das Robert-Koch-Institut (RKI). Der Plan zielt darauf ab, die Ausbreitung einer Pandemie einzudämmen und Erkrankungs- und Todesfälle möglichst gering zu halten.
Ausserdem soll er sicherstellen, dass Erkrankte ausreichend versorgt werden können. Zu den Massnahmen gehört es etwa, Medikamente auszugeben. Er umfasst auch mögliche Massnahmen wie die Isolation von Erkrankten und auch intensive Hygienemassnahmen.
Verwendete Quellen:
- Gespräch mit Elke Reinking, Sprecherin des Friedrich-Loeffler-Instituts für Tiergesundheit
- Friedrich-Loeffler-Institut: Aviäre Influenza
- Eurosurveillance.org: Highly pathogenic avian influenza A(H5N1) virus infection in farmed minks
- Friedrich-Loeffler-Institut: Empfehlungskatalog - Massnahmen gegen HPAI-Eintrag und Ausbreitung bei Geflügel und Wildvögeln in Deutschland
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