Das Heftpflaster
Im ausgehenden 19. Jahrhundert war die Wundversorgung noch wesentlich komplizierter und unhygienischer als heute. Um offene Wunden abzudecken, musste die Haut mit flüssigem Klebstoff (aus Harzen) abgedeckt werden, bevor eine Wundauflage aufgedrückt wurde.
Der Klebstoff reizte jedoch die Haut. Der Hamburger Arzt Oscar Troplowitz (1868-1918) suchte nach einer Klebe-Alternative. Dabei entwickelte er einen Klebstoff aus Kautschuk, der jedoch so stark haftete, das er die Haut beim Abziehen in Fetzen riss.
Erst 1901 gelingt der Durchbruch. Beim Experimentieren im Labor entdeckte er einen Stoff, der die hautreizende Wirkung der Harze neutralisierte, das Zinkoxyd. Das Klebeband nannte sich "Leukoplast". Erst 20 Jahre später, 1921, entwickelt das Unternehmen Beiersdorf daraus den ersten Schnellverband, das "Hansaplast".
Heute verbraucht der Deutsche durchschnittlich einen halben Meter Pflaster im Jahr. Neben dem Leukoplast entwickelte Troplowitz 1909 den Lippenpflegestift "Labello" und zwei Jahre später eine Pflegecreme mit dem Markennamen "Nivea". Beide Produkte sind bis heute Verkaufsschlager.
Aspirin
Durch Kochen von Weinbaumrinden haben schon die Germanen und Kelten Extrakte verwendet, die dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure ähnelten. Im späten 19. Jahrhundert können Chemiker Salicylsäure chemisch herstellen, jedoch schränkten der bittere Geschmack und Nebenwirkungen wie Magenbeschwerden die Einsatzmöglichkeiten ein.
Dem deutschen Chemiker Felix Hoffmann gelang es 1897 den Wirkstoff abzuwandeln und Acetylsalicylsäure, kurz ASS, zu gewinnen. Berühmt wurde der Wirkstoff unter dem Namen Aspirin, der vom Pharmakonzern Bayer zur Vermarktung genutzt wird. Damit begann der Siegeszug eines der umsatzstärksten Schmerzmittel der Welt. Wenige Tage nach der Entdeckung von ASS, gelang es Hoffmann, Heroin (Diacetylmorphin) synthetisch herzustellen.
Anti-Baby-Pille
Die Verhütung war vor den Zeiten der Pille ein nicht immer leichtes Unterfangen. Die ersten schriftlichen Beschreibungen über Verhütungsmittel stammen aus der Pharaonenzeit: Damals wurden Gräser, Wurzeln und Algen zur Empfängnisverhütung in die Scheide eingeführt. Die antiken Griechinnen und Römerinnen probierten es mit in Olivenöl, Alauntinktur oder mit Zedernharz getränkter Wolle. In unterschiedlichen Kulturen wurden über Jahrhunderte halbierte Zitrusfrüchte über den Gebärmutterhals gestülpt.
Im Jahre 1951 gelingt dem Chemiker Carl Djerassi die bahnbrechende Erfindung der Pille. Der 1938 von Wien in die USA emigrierte Wissenschaftler schaffte es, einen oral aktiv gemachten Abkömmling des weiblichen Geschlechtshormons Progesteron als Antikontrazeptivum zu synthetisieren. Die Konzentration der verwendeten Hormonpräparate war damals 200 mal so hoch wie bei den heute üblichen Präparaten. Kein Wunder also, dass Frauen Übelkeit und Kreislaufstörungen litten.
Die Antibabypille Anovlar, die 1961 in Deutschland auf den Markt kam, enthielt rund 85 Milligramm hochdosiertes Östrogen pro Monatszyklus. Solche Hormon-Bomben werden heute nicht mehr verschrieben. Die Pharmafirmen haben die Hormonkonzentration in den letzten Jahren immer weiter zurückgeschraubt
Die Pille erntete im biederen Nachkriegsdeutschland in der Öffentlichkeit nicht viele Sympathien. Mädchen und junge Frauen sollten keinen Geschlechtsverkehr vor der Ehe haben, deshalb "brauchten" sie also auch keine Verhütungsmittel.
Heute hat sich das Bild gewandelt: Gerade bei jungen Frauen ist die Pille in Deutschland eines der beliebtestes Verhütungsmittel geworden.
Antibiotikum
1928 entdeckte der Bakteriologe Alexander Fleming zufällig das Penicillium notatum. Eine verschimmelte Kulturschale lieferte den sensationellen Zufallsfund. Flemming züchtete Bakterienkulturen auf Petrischalen, die häufig von Schimmelpilzen befallen wurden. Bei genauerer Betrachtung einer solchen Petrischale entdeckte er, dass um den Schimmelpilz herum keine Bakterien mehr wuchsen. Daraus schloss Fleming, dass der Schimmelpilz (aus der Art Penicillium) einen Stoff produziere, der das Bakterienwachstum hemmte. Das aus dem Penicillium notatum gewonnene Medikament wurde Penicillin genannt. Für seine Entdeckung erhielt Fleming im Jahre 1945 den Nobelpreis.
Seit damals wurde das Penicillin weiterentwickelt. Heute steht der Medizin eine ganze Gruppe von verschiedenen Penicillinen zur Therapie von Infektionskrankheiten zur Verfügung. Doch viele Erreger sind gegen die Wirkstoffe unempfindlich geworden. Neuere Forschungen konzentrieren sich auf die Wirkung von antibiotischen Peptiden. Diese wurden bisher bei Pflanzen, Pilzen, Insekten und im menschlichen Schweiss gefunden. Dieses "Dermcidin" wird nur in Schweissdrüsen hergestellt und greift Pilze und Bakterien auf der Haut an. Noch ist aber nicht klar, ob es auch als Medikament eingesetzt werden kann.
Röntgenaufnahme
Am 8. November 1895 entdeckte der Physikprofessor Dr. Wilhelm Conrad Röntgen an der Uni Würzburg bei einer Untersuchung der Leitung von Elektrizität in Gasen eine Art von Strahlen, mit der das bisher verborgene Innere des Körpers sichtbar gemacht werden konnte. Er bezeichnete sie als "X-Strahlen". Erst später wurde die sensationelle Entdeckung, die ihm 1901 den Nobelpreis der Physik einbrachte, mit seinem Namen versehen.
In einem weiteren Versuch schickte er die Strahlen durch seine Hand auf eine Fotoplatte. So entstand die erste "Röntgenaufnahme". Die moderne "Röntgendurchleuchtung" und "Röntgenaufnahme" basiert auf Röntgens Entdeckungen und ist heute die Grundlage fast jeder medizinischen Untersuchung.
Narkose
Vor der Einführung der Narkose bedeuteten operative Eingriffe vor allem eines, nämlich Schmerzen. Viele Versuche waren unternommen worden, die Schmerzen während der Eingriffe zu lindern, doch die meisten blieben vergebens. Viele Patienten überlebten die Behandlung nicht.
Bereits die Griechen experimentierten 79 nach Christus mit der Heilkunst unter Betäubung. Dem aus der Alraunwurzel gewonnene Stoffes Mandragorawein wurde eine schmerzlindernde Wirkung nachgesagt.
1811 hielt die englische Schriftstellerin Francis Burney d'Arbley, die ihre Brustoperation in wachem Zustand und ohne Schmerzmittel überlebte, ihre Eindrücke für die Nachwelt fest. Drei Jahrzehnte später, im Jahre 1846, wurde der Traum von der schmerzfreien Operation endlich wahr.
1845 entdeckte der amerikanische Zahnarzt Horace Wells die Wirkung des Lachgases als Narkosemittel. Ein Jahr später unternimmt sein ehemaliger Schüler Wilhelm T. G. Morton den ersten Versuch einer Zahnoperation unter der Wirkung von Äther. Dies war die Geburtsstunde der modernen Anästhesie.
Impfung
"Von der Liebe und den Pocken wird keiner verschont." Dieser Spruch zeigt, wie gefürchtet die Virusinfektionskrankheit war. Seit dem Altertum war die Krankheit bekannt und sorgte mit immer wiederkehrenden Epidemien für Angst und Schrecken. Vor allem im 17. Jahrhundert wüteten die Pocken mit grosser Kraft. Sechs bis zwölf Prozent der jährlichen Todesfälle waren auf sie zurückzuführen.
Am 14. Mai 1796 meint der englische Landarzt Edward Jenner, ein passendes Mittel gegen Pocken gefunden zu haben. Jenner beobachtete, dass Bäuerinnen, die sich an Kühen, die die harmlosen Kuhpocken hatten, infizierten, von der Seuche verschont blieben oder nur leicht erkrankten.
Er schabt etwas Wundsekret von der Hand der Mägde und injiziert den Stoff einem kleinem Jungen. Nachdem der Junge gesund geblieben war, wagt er einen riskanten Versuch: Er injiziert dem Knaben den tödlichen Menschenpockenvirus. Der Junge blieb gesund, er ist gegen die Erkrankung immun geworden. Er unternahm weitere Versuche, unter anderem auch mit seinem zehn Monate alten Sohn, der danach zeitlebens geistig behindert war.
Es dauerte einige Jahre, bis Jenners Pockenimpfung in der Fachwelt anerkannt wurde. 1803 eröffnete der Arzt das Jenner-Institut, eine Impfanstalt für Arme. Edward Jenner nannte diesen Vorgang Vaccination (vaccina = Kuhpocken). Dieser Begriff steht im Englischen heute immer noch für die Schutzimpfung.
Seine Erkenntnisse hielt er 1798 in dem Buch "Untersuchungen über die Ursachen und Wirkungen der Kuhpocken oder Kuhblattern". Die Entdeckung Jenners bildete die Grundlage für die heute erreichte weltweite Ausrottung der Pocken. In Deutschland wurde 1874 eine gesetzliche Impfpflicht gegen Pocken eingeführt und 1975 wieder abgeschafft. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts verschwand die Erkrankung in Europa zunehmend. Im Jahr 1980 erklärte die WHO die Pocken weltweit für ausgerottet.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.