Die Fast-Fashion-Industrie wächst rasant und mit ihr die weltweiten Berge an Kleidungsmüll. Doch wohin damit? Forschende haben eine neue Methode entwickelt. Sie kann helfen, Textilien aus gemischtem Material zu recyceln.
Die Mode- und Textilbranche produziert immer schneller neue Trends und Kollektionen – eine Entwicklung, die unter dem Begriff "Fast Fashion" bekannt ist. Textilmüll nimmt zu, da viele Kleidungsstücke nur kurz getragen und in minderer Qualität hergestellt werden. Diesem Problem nahm sich eine US-amerikanische Forschungsgruppe an.
Sie hat eine Methode entwickelt, um Textilien aus gemischten Materialien zu recyceln. Der chemische Prozess ermöglicht es, Baumwolle, Polyester, Nylon und Elastan voneinander zu trennen und als Rohstoffe für die Textilindustrie oder andere Anwendungen zu nutzen. Wie das Team des Center for Plastics Innovation von der Universität Delaware im Fachmagazin "Science Advances" schreibt, könnten mit weiterentwickelten Verfahren 88 Prozent der globalen Textilabfälle recycelt werden.
Fast Fashion landet vor allem auf Mülldeponien
Die Gruppe um Sunitha Sadula und Dionisios Vlachos fasst in ihrer Studie zusammen: "Die steigende Nachfrage nach Textilien und die im Vergleich zur vorigen Generation aufgrund von Fast Fashion kürzere Lebensdauer führen zu einer erheblichen Ansammlung von Abfällen, die weltweit auf 92 Millionen Tonnen pro Jahr geschätzt werden."
Von dieser Menge werde weniger als ein Prozent recycelt in dem Sinne, dass aus dem Material wieder hochwertige Produkte hergestellt werden. Aus etwa zwölf Prozent des Textilmülls würden im Zuge des sogenannten Downcyclings weniger wertvolle Produkte wie etwa Putzlappen gewonnen. Doch fast drei Viertel des Abfalls lande auf Mülldeponien oder werde verbrannt.
Recycling sollte helfen, die Müllberge zu vermeiden – allerdings bestehen viele der Textilien aus einem Gemisch aus Natur- und Chemiefasern, die eng miteinander verwoben sind und sich deswegen kaum trennen lassen. Die US-amerikanischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler suchten daher nach Möglichkeiten, Textilien auf chemischem Weg zu recyceln.
Dafür brachten sie ein kleines Stück Stoff, das je zur Hälfte aus Baumwolle und aus Polyester bestand, in eine wässrige Lösung ein und nutzten Zinkoxid als Katalysator und Mikrowellen zur Erwärmung. Das Ergebnis: Aus dem Polyester wurde zu über 90 Prozent Bis(hydroxyethyl)terephthalat (BHET) gewonnen, ein Zwischenprodukt bei der Herstellung des Polyesters Polyethylenterephthalat (PET). Die Baumwolle verlor zwar etwas an Masse, zeigte aber im Spektrometer dieselben Eigenschaften wie pure Baumwolle.
Recycling in rund 15 Minuten
Da die Durchmischung der Textilabfälle üblicherweise aber noch stärker ist, entwickelte das Forschungsteam das Verfahren weiter, sodass Textilien mit den Materialien Baumwolle, Nylon, Polyester und Elastan in einem gemeinsamen Prozess recycelt werden. Dabei können Baumwolle und Nylon durch die Zugabe von Ameisensäure weitgehend als reine Substanzen gewonnen werden.
Aus Polyester entsteht so BHET und aus Elastan wird 4,4'-Diaminodiphenylmethan (DADPM), das bei der Herstellung von Polyurethanschäumen, Epoxidharzen und Klebstoffen verwendet wird. Aus dieser Chemikalie kann kein Elastan hergestellt werden, aber das übrige Recycling führt grösstenteils wieder zu den ursprünglichen Fasern.
Eine Einschränkung gibt es für die Methode indes: Weil Farben und Chemikalien, welche häufig Bestandteil moderner Kleidung sind, den Wiederaufbereitungserfolg beeinträchtigen, sollten diese vor dem Recycling entfernt werden, so die Empfehlung der Forschungsgruppe. Die Dauer des Verfahrens ist hingegen bereits praxistauglich – bei einer Temperatur von 210 Grad Celsius kann das Recycling nach 15 Minuten abgeschlossen werden.
Da die untersuchten Materialien einen weltweiten Anteil von 88 Prozent an den Fasern von Kleidungsstücken haben, gehen die Autorinnen und Autoren davon aus, dass dieser Anteil später einmal hochwertig und rentabel recycelt werden könnte. "Unsere Analyse legt nahe, dass sich mit zunehmenden Verarbeitungskapazitäten Skaleneffekte, Gewinnmargen und die allgemeine wirtschaftliche Machbarkeit des Projekts verbessern", schreibt das Team um Sadula und Vlachos. (Stefan Parsch, dpa/sbi)
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