Sie kannte ihn nicht – aber hat sein Leben gerettet: Mit der Stammzellspende von Anja Prause besiegte Marc Franke Leukämie – und auch HIV. Damit ist er weltweit einer von sehr wenigen Menschen.
Gemeinsam präsentieren sie sich fürs Foto: Marc Franke und "seine" Stammzellspenderin Anja Prause. "Sie ist wie eine Schwester für mich", sagt Franke.
Der 55-Jährige ist einer von weltweit nur sehr wenigen Menschen, die als geheilt von HIV gelten. Mit der Stammzelltransplantation, die wegen einer Leukämie unausweichlich war, überwand er - letztlich ein Nebeneffekt - auch HIV. Gemeinsam mit seiner Spenderin berichtet er auf der Welt-Aids-Konferenz in München über den Weg zu seiner Genesung.
"Ich bin glücklich, dass ich fähig war, ihm zu helfen", sagt die 58-jährige Prause. Es habe nur ein kleines Zeitfenster dafür gegeben: Kurz nach ihrer Registrierung als Spenderin, zu der sie ein Gespräch mit einer Arbeitskollegin bewogen hatte, bekam sie schon die Nachricht, dass es einen Empfänger gebe - von dem sie zunächst keine Details wusste.
"Es war alles ein Riesenzufall. Ich habe ein Jahr später einen sehr schweren Brustkrebs gehabt und hätte dann auch nicht mehr spenden können", berichtet Prause. "Ich habe den ersten Brief von Marc bekommen, als ich meine erste Chemo hatte. Und ich habe zu meinem Mann gesagt: 'Wenn ich jetzt sterben muss, kann ich sagen: Ich hatte ein Super-Leben. Ich hab' ein tolles Kind geboren - und ich habe jemanden von Krebs geheilt.'" Doch auch sie hat den Krebs überwunden.
Spenderin hat seltene HI-Virus-Immunität
Was sie erst durch Marc Franke erfuhr: Sie hat eine seltene Immunität gegen das HI-Virus - für Marc wiederum die Chance, mit der riskanten, aber wegen der Leukämie unausweichlichen Stammzellspende auch HIV zu besiegen.
Franke erzählt, er habe damals von dem sogenannten Berliner Patienten Timothy Brown gehört, der nach einer Stammzelltransplantation wegen Krebs auch von HIV befreit wurde - als erster Mensch weltweit.
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"Ich habe gedacht: Wenn das einmal geklappt hat, warum soll das nicht noch ein zweites Mal klappen", sagt er heute. 2008 hatte er erfahren, HIV-infiziert zu sein, 2010 bekam er die Leukämie-Diagnose. 2011 Chemo. 2012 Rückfall - und 2013 Stammzelltransplantation.
Im Krankenhaus lernte er seinen heutigen Mann kennen. "Das hat mir unendlich Kraft gegeben, durch diese Zeit durchzukommen. Ich wollte wieder auf die Beine kommen, um ein Leben mit ihm zu haben."
Zu Präsidentin: Besser nicht von Aids sprechen
Die Haupterkrankung der als von HIV geheilt geltenden Patienten war stets Krebs - und sie hatten nur mit Stammzelltransplantation eine Überlebenschance. Mediziner zufolge liegt das Risiko, diese Therapie nicht zu überleben, bei 10 oder sogar 15 Prozent.
Nach seiner Genesung habe er sein "zweites Coming-out" gehabt, sagt Franke, der als Düsseldorfer Patient bekannt wurde. "Ich kämpfe jetzt gegen die HIV-Stigmatisierung." Es sei nicht gut, immer von Aids zu reden, wendet er sich auch direkt an Sharon Lewin, Präsidentin der Internationalen Aids-Society (IAS), die als weltweit grösste Vereinigung von HIV-Fachleuten die Konferenz organisiert hat. Franke: "Die Menschen haben dann das Bild aus den 1980er-Jahren im Kopf." Mit all den Vorurteilen von damals.
Hoffnung auf risikoarme Heilung in weiter Ferne
Auch Adam Castillejo, der als Londoner Patient bekannt wurde, und Paul Edmonds, Patient der City of Hope - so der Name der US-Krebsklinik, in der er behandelt wurde - sind zu dem grössten weltweiten Treffen zum Thema HIV nach München gereist. Er sei glücklich, sagt Edmonds, der 30 Jahre mit HIV gelebt hatte und nun mit seinem Mann auf der Konferenz ist.
Castillejo mahnt mehr Anstrengungen an im Kampf gegen HIV. "Wir müssen mehr tun, um eine Heilung für alle zu finden", verlangt er. Dafür setze er sich ein, wo immer es möglich sei. Er und die anderen Genesenen seien in erster Linie Krebspatienten - die in einem Nebeneffekt auch von HIV befreit wurden. Dennoch gebe dies Hoffnung, sagt er und appelliert: "Bitte gebt die Hoffnung nicht auf."
Eine risikoarme Heilung für Menschen mit HIV ist allerdings weit entfernt. Christian Gaebler von der Klinik für Infektiologie der Berliner Charité, der auf der Konferenz den ebenfalls geheilten "zweiten Berliner Patienten" - als siebten Patienten weltweit - präsentierte, sagte, Stammzelltransplantation sei hier keine Option. "Ich glaube schon, dass wir das schaffen", sagte Gaebler über die Chance auf eine für viele anwendbare Heilung: "Aber nicht in den nächsten Jahren, sondern eher in Jahrzehnten." (dpa/mak)
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