Auch wenn die künstliche Super-Sonne Strom aus der Steckdose braucht, sind ihre gebündelten Strahlen intensiver als die der Sonne. Mit der Anlage arbeiten Wissenschaftler am Treibstoff der Zukunft.

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Die künstliche Super-Sonne scheint nicht vom Himmel, sondern in einem Gebäude. Der Sonnensimulator heisst "Synlight" und steht in Jülich bei Aachen. Selbst die indirekte Strahlung von den Wänden ist noch so stark, dass der Mensch sie nur etwa eine Sekunde lang aushalten könnte.

Gebündelt auf einen kleinen Fleck ist die Lichtintensität so gross, als würde sie von 10.000 Sonnen kommen. Die strombetriebene Hochleistungs-Sonne des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) ist am Donnerstag in Betrieb gegangen.

Wissenschaftler des DLR-Instituts für Solarforschung wollen mit "Synlight" Produktionsverfahren für Kraftstoffe aus Sonnenlicht entwickeln. Es geht um Treibstoffe nicht etwa für Autos, sondern für grosse Flugzeuge. "Bei den Autos glauben wir, dass Elektromobilität eine super Sache ist.

Für grosse Flugzeuge ist es im Augenblick nicht vorstellbar, dass man sie elektrisch antreibt, also mit Batterien ausstattet", sagt DLR-Projektleiter Kai Wieghardt. Wenn Wasserstoff mit Kohlendioxid reagiert, entsteht klimaneutrales Benzin, weil keine zusätzlichen Brennstoffe aus dem Boden geholt werden.

Herstellung von Wasserstoff

DLR-Vorstand Karsten Lemmer betonte die grossen Potenziale mit Solarenergie erzeugter Kraft-, Treib- und Brennstoffe etwa bei der Langzeitspeicherung oder der Reduktion klimaschädlicher Emissionen. "Synlight gibt unseren Forschungen auf diesem Gebiet Rückenwind."

Ein Ziel der Anlage ist die effiziente Herstellung von Wasserstoff, der als besonders umweltfreundlicher Treibstoff der Zukunft gilt. Da Wasserstoff nur als chemische Verbindung vorkommt - beispielsweise im Wasser gebunden an ein Sauerstoffatom - wird er in Jülich in einem direkten chemischen Prozess abgespalten.

Und zwar mit Energie der künstlichen Sonne, wie Wieghardt erklärt: Metall wird damit auf 800 Grad erhitzt und mit Wasserdampf bespritzt. Das Metall reagiert mit dem Sauerstoff, der Wasserstoff bleibt übrig.

Wegen der Wolken und der Luftzirkulation unter freiem Himmel haben die Forscher in der Natur nie gleiche Strahlungsverhältnisse, wie sie für reproduzierbare Versuche nötig sind. Und bisherige Laboranlagen sind viel zu klein, um aus den Ergebnissen Wahrscheinlichkeiten für die Praxis berechnen zu können.

Verspiegelte Lampenschirme

Mit rund 350 Kilowatt hat die künstliche Sonne nach DLR-Angaben etwa das Zehnfache der Leistung herkömmlicher Laboranlagen - und mehr als alle Labor-Hochleistungsstrahler weltweit. Die Anlage besteht aus 149 Lampen, die normalerweise für Grosskino-Projektoren verwendet werden. "Wir verwenden die Lampen, weil ihr Licht dem der Sonne am ähnlichsten ist", sagt der Projektleiter.

Die innen verspiegelten Lampenschirme haben einen Durchmesser von einem Meter. Sie sind auf einer 14 Meter hohen und 16 Meter breiten Fläche wabenförmig angeordnet.

Es gilt, das schier endlose Energie-Reservoir der Sonne nutzbar zu machen: "Die Sonne schickt uns das 10.000-fache des Weltenergieverbrauchs auf die Erde. Das ist ein Vielfaches der natürlichen Ressourcen, die es an Brennstoffen und Treibstoffen noch gibt", sagt Wieghardt.

Verbesserung der Wirtschaftlichkeit

Mit dem direkten Verfahren geht die DLR einen eher ungewöhnlichen Weg. Üblich ist bei der Gewinnung von Wasserstoff der Umweg über die Elektrolyse: Dazu wird zunächst Sonnen- oder auch Windenergie in Strom umgewandelt und mit dessen Hilfe schliesslich Wasserstoff gewonnen.

Dieses Verfahren sei technisch ausgereift, teilt das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) mit. Wichtigste Stellschraube für die Wissenschaft sei die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit. Die Solarforscher in Jülich gehen davon aus, dass sie das mit ihrem Verfahren erreichen werden.

Der Sonnensimulator selbst ist ein Energiefresser: In vier Stunden Betrieb verbraucht die Anlage so viel Strom wie ein vierköpfiger Haushalt in einem Jahr. Aber wenn durch die Forschung nur ein Solarkraftwerk ein Prozent effektiver werde, würde sich der Energieaufwand nach Einschätzung der Forscher schon bezahlt machen.  © dpa

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