Jedes Jahr im März wird der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis an Spitzenforscherinnen und -forscher verliehen. Auch in diesem Jahr wurden Menschen mit grossen Visionen ausgezeichnet, deren Arbeit einen Mehrwert für alle schaffen könnte. Wir stellen drei von ihnen vor.
Heute steht Deutschland – und die Welt – vor grossen Herausforderungen. Weltweit arbeiten Menschen daran, Lösungen zu finden, von denen alle profitieren.
Hier sind drei der mit dem Leibniz-Preis 2025 ausgezeichneten Forschungsarbeiten, die beweisen, dass sich parallel zu den vielen globalen Krisen auch viel Gutes entwickelt.
Daniel Rückert: MRT-Aufnahmen mithilfe von KI analysieren

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen werden in vielen Bereichen der Medizin verwendet, beispielsweise bei bildgebenden Verfahren wie MRT oder CT. Informatiker Daniel Rückert, Professor für "Artificial Intelligence in Medicine and Healthcare" am Klinikum rechts der Isar der TU München, hat neue Algorithmen entwickelt, mit denen medizinische Bilder wie MRT-Aufnahmen rekonstruiert, analysiert und interpretiert werden können.
Zudem wird die Aufnahme der Bilder durch seine Entwicklung beschleunigt. Dadurch verkürzt sich die Zeit, die Patienten in der "Röhre" liegen, was zu weniger Stressreaktionen wie Schwindel, Unwohlsein oder Panikattacken führen kann. Durch Rückerts Entwicklung von neuen KI-Techniken sollen Erkrankungen genauer diagnostiziert und individueller behandelt werden können. Auch genauere Prognosen von Krankheitsverläufen sollen erstellt werden. Auch werden Ärzte in ihrem Arbeitsalltag entlastet und haben mehr Zeit für ihre Patienten.
Zwei Kernthemen stehen derzeit besonders im Fokus seiner Arbeit: die bessere Nutzung medizinischer Daten für die Krankheitsdiagnose und die Entwicklung innovativer KI-Techniken, die von Medizinern und Patienten als vertrauenswürdig wahrgenommen werden.
Maria-Elena Torres-Padilla: Zellen à la carte

Eine der diesjährigen Leibniz-Preisträgerinnen ist Maria-Elena Torres-Padilla, Direktorin des Stem Cell Centers am Helmholtz Zentrum München und Professorin für Stammzellbiologie an der LMU München. Im Videoportrait der DFG nennt die international angesehene Biologin ein Beispiel, das ihre Arbeit greifbar macht: Man solle sich den eigenen Körper und all seine Zellen wie Hirnzellen oder Hautzellen vorstellen.
Diese Zellen besitzen alle die gleiche DNA, jedoch komplett unterschiedliche Funktionen. Alle Körperzellen stammen von den ersten totipotenten Zellen ab. Das sind Zellen, die sich durch Teilung in einem eigenständigen Organismus entwickeln können. Kurz nach der Befruchtung besteht der Embryo aus einer oder zwei totipotenten Zellen. Sie sind quasi der Baustein eines Embryos.
Zellplastizität und Epigenetik
- Zellplastizität bezeichnet die Fähigkeit von Zellen, sich an neue Bedingungen oder Anforderungen anzupassen. In vielen Bereichen wie der Embryonalentwicklung, der Wundheilung und der Stammzell- und Krebsforschung spielt diese Anpassungsfähigkeit eine wichtige Rolle.
- Die Epigenetik beschäftigt sich damit, wie Umwelteinflüsse die Aktivität der Gene beeinflussen, ohne die DNA zu verändern. Epigenetische Mechanismen bestimmen, welche Gene ein- oder ausgeschaltet werden.
Torres-Padilla entdeckte die epigenetischen Faktoren, die die Umprogrammierung der ersten totipotenten Stammzellen steuern. Es ist ihr gelungen, Zellen zurück in den totipotenten Zustand wie in der frühesten Entwicklungsphase des Embryos zu versetzen. Aus diesen "Urzellen" können alle Zelltypen des Körpers erzeugt werden. Die Forscherin spricht von "Zellen à la carte", die für die Entwicklung von personalisierten Zelltherapien zur Behandlung von Krankheiten wie Krebs oder Gehirnverletzungen verwendet werden könnten.
Robert Zeiser: Antikörper in der Krebstherapie
Der renommierte Mediziner und Forscher Robert Zeiser von der Uniklinik Freiburg ist international für seine wegweisenden Forschungsergebnisse und Entwicklungen für die Behandlung von Blutkrebs bekannt. In seiner Forschung beschäftigt Zeiser sich damit, wie Tumorzellen sich tarnen und so dem Immunsystem entkommen – und wie dieses Entwischen durch sogenannte onkogene Signale gesteuert wird, die von Krebszellen ausgehen.
Onkogene sind Mutationen von Protoonkogenen, also normalen Zellen in den Genen. Ein Onkogen verwandelt eine gesunde Zelle in eine Tumorzelle. Zeisers Forschungsgebiet, die Tumor-Immuntherapie, zielt darauf ab, Wege zu finden, das Immunsystem gegen Krebszellen zu aktivieren – ähnlich wie bei einer Impfung. Zudem arbeitet er an Behandlungsmöglichkeiten für mögliche Nebenwirkungen, die durch die Aktivierung des Immunsystems auftreten können.
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Einige seiner Entdeckungen haben sich weltweit als Standard in der Krebstherapie etabliert. Bei Leukämiezellen erkannte Zeiser beispielsweise, dass sie bestimmte Erkennungsmoleküle für Rezeptoren haben. Die von ihm entwickelten Antikörper werden bereits in der Krebstherapie eingesetzt. Zeiser entdeckte auch, dass molekulare Signale im Immunsystem nach einer Transplantation von Blutstammzellen eine entscheidende Rolle bei Abstossungsreaktionen spielen. Dieses Wissen führte zu einer neuen Therapiemöglichkeit mit dem Wirkstoff Ruxolitinib, der die Stammzellentransplantation sicherer macht.
Leibniz-Preis zum 40. Mal verliehen
Der Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis wird zum 40. Mal in Berlin an zehn herausragende Forscherinnen und Forscher aus verschiedenen Wissenschaftszweigen verliehen.
Über Gottfried Wilhelm Leibniz
- Gutes für die Allgemeinheit hat Namensgeber Gottfried Wilhelm Leibniz allemal hinterlassen. 1671 erfand er die erste mechanische Rechenmaschine, eine seiner vielen Errungenschaften. Sein Beweggrund dürfte Mathemuffeln sympathisch sein. Der Mathematiker empfand es als unwürdig, Menschen mit Rechnen die Zeit zu rauben. Seine Rechenmaschine ist die Grundlage von Digitalrechnern – und die wiederum führten zur digitalen Revolution.
Der mit 2,5 Millionen Euro dotierte Leibniz-Preis gilt als wichtigster Forschungsförderpreis in Deutschland. 1985 wurde er von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ins Leben gerufen, um herausragende Forscherinnen und Forscher zu ehren und ihnen bessere Forschungsmöglichkeiten zu bieten.
Verwendete Quellen
- Deutsche Forschungsgemeinschaft: Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis
- Deutsche Forschungsgemeinschaft: Prof. Dr. Maria-Elena Torres-Padilla – Gottfried Wilhelm Leibniz-Preisträgerin 2025
- Deutsche Forschungsgemeinschaft: Prof. Dr. Robert Zeiser – Gottfried Wilhelm Leibniz-Preisträger 2025
- uniklinik-freiburg.de: Internationale Studie macht Stammzelltransplantationen sicherer
- Deutsche Forschungsgemeinschaft: Prof. Dr. Daniel Rückert – Gottfried Wilhelm Leibniz-Preisträger 2025