Lebewesen haben meist etwa gleich viele männliche und weibliche Nachkommen. Bestimmte Erreger können diese Verteilung allerdings stark beeinflussen - um ihre eigene Überlebenschance zu vergrössern. Ein solcher "Männchen-Killer" wurde nun zufällig in einem Gewächshaus entdeckt.

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Ein ausschliesslich Männchen tötendes Virus haben japanische Forscher in Nachtfaltern entdeckt. Der Erreger sei ein mütterlicherseits vererbtes RNA-Virus, erläutern sie im Fachjournal "Proceedings" der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS). Männchen sind für das Virus eine Sackgasse. Indem es den männlichen Nachwuchs töte, erhöhe es die Überlebenschancen für die von den gleichen Ressourcen lebenden Geschwisterweibchen - und damit seine eigene Chance auf erfolgreiche Weitergabe.

Solche "Männchen-Killer" sind schon länger etwa unter Bakterien bekannt. Ein Beispiel ist Wolbachia, ein in verschiedenen Insektenarten lebendes Bakterium, das das Geschlechtsverhältnis der Nachkommen seiner Wirte manipuliert. Zum Teil haben mit Wolbachia befallene Insekten ausschliesslich weibliche Nachkommen. Je nach Wolbachia-Art sind Mechanismen wie parthenogenetische Fortpflanzung (Vermehrung ohne Befruchtung) oder das Abtöten männlicher Spermien die Ursache. Andere Erreger wandeln männliche Embryonen in weibliche um.

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Bislang unbekannter Erreger zufällig entdeckt

Das Forschungsteam um Keisuke Nagamine von der National Agriculture and Food Research Organization in Tsukuba hatte festgestellt, dass überraschenderweise alle in einem Gewächshaus in Miyazaki gesammelten Raupen des Asiatischen Baumwollwurms (Spodoptera litura) Weibchen waren. Bei den nachfolgenden Untersuchungen entdeckten sie den bis dahin unbekannten Erreger, der den Namen Spodoptera-litura-Männchen-tötendes Virus (SLMKV) erhielt.

Das Virus tötet männliche Embryonen, alle schlüpfenden Tiere des Geleges eines SLMKV-befallenen Falters sind weiblich. Das Virus-Toxin ziele offenbar auf die geschlechtsspezifische Entwicklung ab, der genaue Mechanismus sei noch unklar. In der freien Natur kämen SLMKV-Infektionen nach derzeitigem Kenntnisstand sehr selten vor. Die 45 im Gewächshaus gesammelten Weibchen seien wahrscheinlich von einem einzigen eingedrungenen Weibchen stammende Geschwister gewesen. Diesem Zufall sei es zu verdanken, dass der Erreger überhaupt entdeckt wurde.

Der Asiatische Baumwollwurm ist als Schädling etwa im Tabak-, Sojabohnen- und Baumwollanbau in den gemässigten bis tropischen Regionen Süd- und Ostasiens sowie Ozeaniens gefürchtet. Bei massenhaftem Auftreten können die blätterfressenden Raupen schwere Ernteeinbussen zur Folge haben. (dpa/cze)

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