Es hört sich nach Science Fiction an: Forscher haben eine Technik entwickelt, wie eine Person eine Audioaufnahme anhören kann, die nur sie allein hört, ohne Kopfhörer zu nutzen. Wie das "virtuelle Headset" funktioniert und wie es Anwendung finden soll.

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Ob in der Bahn, im Bus oder an anderen Orten mit vielen Menschen: Oft müssen alle unfreiwillig mithören, wenn jemand Musik, einen Podcast oder ein Hörbuch abspielt. Nun haben US-amerikanische Wissenschaftler ein Verfahren entwickelt, mit dem eine Art von Schallinsel geschaffen werden kann. Diese sorgt dafür, dass Klänge nur an einer bestimmten Stelle im Raum hörbar sind – ganz ohne Kopfhörer.

Das neue Verfahren soll ermöglichen, dass künftig nur die Person, die eine Audiodatei hören möchte, sie auch tatsächlich wahrnimmt. Selbst wenn sich eine andere Person direkt zwischen der Tonquelle und der Schallinsel befindet, nimmt diese den Klang nicht wahr. Das liegt daran, dass der Lautsprecher zwei gebündelte Ultraschallstrahlen mit gekrümmter Flugbahn aussendet. Der hörbare Klang entsteht nur an dem Punkt, an dem sich die beiden Strahlen kreuzen.

Gezielter Klang nur für eine Person – wie das funktioniert

Die Forschungsgruppe um Yun Jing von der Pennsylvania State University hat ihre Studie dazu im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Science" ("PNAS") veröffentlicht. Die Wissenschaftler sprechen von "hörbaren Enklaven" – akustisch klar begrenzten Zonen, in denen nur bestimmte Personen einen Ton hören können.

Die Forscher nutzen für ihr System sogenannte akustische Metasurfaces – winzige, speziell geformte Strukturen, die den Schall gezielt umlenken. Diese Metasurfaces wurden mit einem 3D-Drucker hergestellt und vor zwei Ultraschallwandlern platziert. Dadurch bewegen sich die Schallwellen auf sichelförmigen Bahnen. Die beiden Ultraschallstrahlen haben leicht unterschiedliche Frequenzen (39.500 und 40.000 Hertz) und sind für sich genommen unhörbar. Erst an ihrem Schnittpunkt erzeugen sie durch eine nichtlineare Wechselwirkung einen hörbaren Klang.

Darstellung der Technik
Durch die Positionierung von Meta-Surfaces vor zwei Ultraschallwandlern breiten sich zwei Ultraschallwellen mit zwei leicht unterschiedlichen Frequenzen entlang einer halbmondförmigen Bahn aus, bis sie sich überschneiden und eine hörbare Enklave bilden, in der Schall zu hören ist. An anderen Punkten entlang der Schallbahn ist der Schall nicht zu hören, sodass ein privates Hören möglich ist. © Heyonu Heo/Penn State

Technik funktioniert auch in beengten Situationen

"Die Person, die sich an diesem Punkt befindet, kann den Schall hören, während andere Personen in der Nähe ihn nicht hören können. So entsteht eine Barriere zwischen den Menschen, die ein privates Hören ermöglicht", wird Jing in einer Mitteilung seiner Universität zitiert.

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Zudem können die Schallstrahlenbündel Hindernisse, wie eine schmale Säule oder einen menschlichen Kopf, einfach umgehen, sodass das Verfahren auch in beengten Situationen, etwa in einer U-Bahn, funktioniert.

Forscher haben ein "virtuelles Headset" entwickelt

Die Technologie wurde mit einer Kopf- und Rumpfpuppe getestet, die Mikrofone in den Ohren hatte, um das menschliche Hörvermögen entlang der Ultraschallstrahlen zu simulieren. Ein drittes Mikrofon ermittelte den genauen Punkt der "hörbaren Enklave". Die Tests fanden in einem Raum mit natürlichem Nachhall statt – ein Hinweis darauf, dass das System auch in realen Umgebungen wie Klassenzimmern, Fahrzeugen oder sogar im Freien funktioniert.

Puppe mit Mikrofonen in den Ohren, Studie
Hier misst ein Postdoktorand für Akustik an der Penn State University, Jia-Xin "Jay" Zhong, die An- oder Abwesenheit von Schall entlang eines Ultraschallstrahls. Dafür verwendete er eine Puppe mit Mikrofonen in den Ohren. © Poornima Tomy/Penn State

Aktuell kann der Ton etwa einen Meter weit übertragen werden und erreicht eine Lautstärke von rund 60 Dezibel, vergleichbar mit einem Gespräch. Die Forscher gehen jedoch davon aus, dass sowohl Reichweite als auch Lautstärke durch eine höhere Ultraschallintensität noch gesteigert werden können.

"Im Wesentlichen haben wir ein virtuelles Headset entwickelt", sagt Erstautor Jia-Xin Zhong. "Jemand, der sich in einer hörbaren Enklave befindet, kann etwas hören, das nur für ihn bestimmt ist – während andere in der Nähe nichts davon mitbekommen." Die Forscher sehen grosses Potenzial für ihre Technologie, etwa für private Gespräche, immersive Klangwelten oder eine gezielte Steuerung von hochauflösenden Klang- und Ruhezonen. (dpa/bearbeitet von mak)