- Eigentlich ist Toxoplasma gondii ein harmloser Parasit.
- Nistet er sich jedoch im Gehirn eines Menschen ein, kann er dessen Verhalten massgeblich verändern.
- Der Parasit steht schon länger im Verdacht, neurologische Erkrankungen wie Depressionen, Schizophrenie oder eine bipolare Störung hervorzurufen.
Toxoplasma gondii ist ein einzelliger Parasit, der eine Toxoplasmose auslöst. Diese zählt zu den häufigsten Infektionskrankheiten weltweit. Es wird angenommen, dass ungefähr 30 Prozent der Weltbevölkerung mit Toxoplasma gondii infiziert sind. Laut dem Robert-Koch-Institut (RKI) trägt jeder und jede zweite den Erreger in sich.
Dabei ist der Mensch eigentlich nur ein Zwischenwirt. Der Endwirt ist die Katze, denn nur in ihrem Darm kann sich der Parasit vermehren. Mediziner sprechen daher von einer so genannten Zoonose, das heisst einer Infektionskrankheit, die von Tier zu Mensch und umgekehrt übertragen werden kann.
Wie stecke ich mich miot Toxoplasma gondii an?
Im Falle der Toxoplasmose geschieht dies durch den Verzehr roher oder nicht ausreichend erhitzter Fleischwaren. Das liegt daran, dass die Tiere auf der Weide oder im Stall mit infiziertem Katzenkot in Berührung gekommen sind und den Erreger dort in sich aufgenommen haben. Kühe, Schweine oder Schafe sind wie der Mensch lediglich ein Zwischenwirt.
Eine Ansteckung mit Toxoplasmose kann aber auch über andere Wege erfolgen, etwa durch Obst oder Gemüse, das in Bodennähe wächst. Ebenso kann die Übertragung beim Reinigen eines Katzenklos stattfinden, sofern man sich anschliessend nicht gründlich die Hände wäscht. Auch bei der Gartenarbeit ist es möglich, sich anzustecken, wenn man beim Wühlen in der Erde mit infiziertem Katzenkot in Berührung kommt.
Was sind die Symptome einer Toxoplasmose?
Infiziert sich eine Person mit gesundem Immunsystem mit Toxoplasma gondii hat sie in der Regel keine Symptome. 80 bis 90 Prozent der Kinder und Erwachsenen bemerken die Infektion dem RKI zufolge nicht. Nur wenige Infizierte haben grippeähnliche Symptome, zu denen leichtes Fieber, Müdigkeit sowie Kopf- und Gliederschmerzen zählen können.
Darüber hinaus können auch die Lymphknoten anschwellen, meist im Hals- und Nackenbereich, selten jedoch am ganzen Körper. Dieses Krankheitsbild wird als Lymphknoten-Toxoplasmose bezeichnet. Bei einer Immunschwäche wie beispielsweise HIV/AIDS sowie bei Ungeborenen im Mutterleib kann eine Toxoplasmose hingegen ernste Folgen haben.
Diagnose: Toxoplasma gondii
Besteht der Verdacht auf eine Toxoplasmose, kann ein Bluttest Aufschluss über die Infektion geben. Hierbei untersucht der Arzt das Blut auf mögliche Antikörper gegen den Parasiten.
Bei Patienten mit einer geschwächten Immunabwehr muss unter Umständen eine Biopsie durchgeführt werden, da diese häufig nicht genug Antikörper bilden, um eine Toxoplasmose nachzuweisen. Bei Ungeborenen wird eine Fruchtwasseruntersuchung oder Nabelschnurpunktion durchgeführt.
Bei einer symptomfreien Toxoplasmose oder nur leichten Beschwerden ist in der Regel keine Behandlung notwendig. Schwangere und immungeschwächte Menschen dagegen erhalten Medikamente gegen Toxoplasma gondii.
Doch nicht immer verläuft die Infektion glimpflich. Bei einigen Menschen wandert der Parasit ins Gehirn und verursacht dort ernsthafte psychische Auffälligkeiten. Dies bestätigen auch diverse Wissenschaftler.
Studien belegen Verhaltensänderungen
Bereits in früheren Untersuchungen sahen Forscher einen Zusammenhang zwischen einer Toxoplasma-gondii-Infektion und Schizophrenie. Weitere Studien gaben Hinweise darauf, dass der Parasit mit pathologischem Jähzorn und einer bipolaren Störung in Zusammenhang stehen könnte.
Signifikante Verhaltensänderungen scheinen auch neuere Studien zu belegen. So bekräftigen Ergebnisse, die im Juni 2021 in "Nature Communications" veröffentlicht wurden, frühere Forschungen, die gezeigt haben, dass der Parasit tiefgreifende Verhaltensänderungen bei seinen Wirten bewirken kann. Die Forscher verwendeten hierfür einen reichhaltigen Datensatz aus mehr als drei Jahrzehnten kontinuierlicher Feldforschung im Masai Mara National Reserve in Kenia.
Dabei zeigte sich, dass sich mit Toxoplasma gondii infizierte Hyänenjungen in Gegenwart von Löwen mutiger verhalten als nicht-infizierte Jungen. Dies erhöhte die Wahrscheinlichkeit, von den Raubkatzen getötet zu werden.
Es wird vermutet, dass der Parasit das Verhalten seiner Wirte (egal ob Hyäne oder Mensch) deswegen manipuliert, um in die Nähe von Katzen zu gelangen, wo er sich sexuell fortpflanzen kann. Die Studie liefert jedoch nicht genügend Beweise, um diese Theorie ausreichend zu stützen.
Auch wird dem Parasiten die Entstehung von Hirntumoren zugeschrieben. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher verschiedener US-amerikanischer Krebsforschungszentren im Rahmen einer weiteren Studie. Demnach kann der Parasit im Hirn seiner Zwischenwirte die Entstehung spezieller Zysten auslösen.
Diese wiederum können Entzündungen verursachen, aus denen sich ein seltener Hirntumor entwickeln kann. Die Ergebnisse stützen sich auf die Auswertung von mehr als 100 Patientendaten aus der "American Cancer Prevention Study" sowie von rund 650 Personen aus dem norwegischen Krebsregister.
Bartonella-Infektion im Blut von Menschen mit Schizophrenie
Eine weitere Studie unter der Leitung der Professorin Erin Lashnits an der University of Wisconsin-Madison School of Veterinary Medicine zeigte Hinweise auf eine Bartonella-Infektion im Blut von Menschen mit Schizophrenie und schizoaffektiver Störung. Die Forscher rund um Lashnits untersuchen schon länger einen Zusammenhang zwischen bakteriellen Infektionen und neuropsychiatrischen Erkrankungen.
Es gab in der Vergangenheit bereits Untersuchungen, die darauf hindeuteten, dass Toxoplasma gondii mit Schizophrenie in Verbindung gebracht wird. Schlüssige Beweise für diese These fehlten jedoch. Daher haben die Wissenschaftler beschlossen, sich einem anderen von Katzen übertragenen Infektionserreger – Bartonella – zu widmen.
Doch wie bewegt sich der Parasit im Körper bis zum Gehirn fort? Zunächst gelangt der Einzeller in den Verdauungstrakt, wo er die Zellwände durchquert. Um weiter ins Gehirn vorzudringen, kapert er Immunzellen und bringt sie dazu, ihn versteckt (wie in einem trojanischen Pferd) durch den gesamten Organismus zu schleusen.
Hat Toxoplasma gondii schliesslich die Blut-Hirn-Schranke passiert, bildet er Zysten und kapselt sich dauerhaft im Gehirn seiner Wirte ein. Eine Therapie, um den Parasiten aus dem Denkapparat wieder loszuwerden, gibt es bislang nicht. Demnach sind auch mögliche Verhaltensänderungen dauerhaft.
Verwendete Quellen:
- Robert-Koch-Institut: Vorkommen und Bedeutung von Toxoplasma gondii in Deutschland
- Onlinelibrary.wiley.com: Toxoplasma gondii infection and the risk of adult glioma in two prospective studies
- Nature.com: Toxoplasma gondii infections are associated with costly boldness toward felids in a wild host
- News.ncsu.edu: Pilot Study Finds Evidence of Bartonella Infection in Schizophrenia Patients
- Scinexx.de: Toxoplasmose-Erreger manipuliert Mäuse – und Menschen
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