Ursprünglich sollte alles ganz schnell gehen: Im vergangenen Jahr präsentierte die EU-Kommission ihre Pläne zur Abschaffung der halbjährlichen Zeitumstellung. Schon 2019 sollten die EU-Staaten zum letzten Mal an der Uhr drehen müssen. Zunächst platzte der angepeilte Zeitplan, nun steht das Projekt gänzlich in den Sternen. Vor allem an einer Stelle hakt es.
Nach dem Willen von EU-Kommissionspräsident
Juncker hatte das Ende des Wechsels zwischen Sommer- und Winterzeit im September 2018 angekündigt, nachdem sich bei einer EU-weiten Onlineumfrage 84 Prozent der Teilnehmer dafür ausgesprochen hatten.
Österreich, das zu diesem Zeitpunkt den rotierenden Vorsitz im Rat der Mitgliedstaaten innehatte, setzte das Thema auf seine Prioritätenliste, erreichte aber keine Einigung.
Zeitumstellung: Zahlreiche Bedenken
Bedenken gegen den ehrgeizigen Zeitplan der EU-Kommission, die Uhr schon 2019 zum letzten Mal umzustellen, gab es von Anfang an. Oft genannte Probleme waren die Fahrplangestaltung im internationalen Zugverkehr und die Slotvergabe an Flughäfen. Kritikern zufolge wäre mehr Vorlaufzeit nötig gewesen. Auch habe es keinerlei Folgenabschätzung für eine Abschaffung gegeben.
Weil jedes Land dem Kommissionsvorschlag zufolge selbst entscheiden sollte, in welcher Zeitzone es dauerhaft bleiben will, hätte sich bei fehlenden Absprachen zudem eine Vielzahl verschiedener Zeitzonen innerhalb der EU ergeben können. Ein Kompromissvorschlag der österreichischen Ratspräsidentschaft für eine Abschaffung im Jahr 2021, um Absprachen zu ermöglichen, fand aber ebenfalls keine Mehrheit.
Das EU-Parlament unterstützte den Vorschlag der EU-Kommission grundsätzlich, forderte aber mehr Zeit. Das Ende der Umstellung im Jahr 2021 sei ein realistischer Zeitrahmen, befanden die EU-Abgeordneten im März. Unter dem damaligen rumänischen EU-Ratsvorsitz blieb die dafür nötige Einigung der Mitgliedsstaaten aber weiter aus.
Bundesregierung in Sachen Zeitumstellung noch ohne Beschluss
Die Bundesregierung hat sich noch nicht darauf festgelegt, ob sie bei einem Ende der Zeitumstellung für eine dauerhafte Winter- oder Sommerzeit ist. Laut Bundeswirtschaftsministerium habe die Bundesregierung angesichts des klaren Votums der EU-Bürger den Vorschlag der Europäischen Kommission begrüsst, die Zeitumstellung abzuschaffen. "Eine Festlegung, welche Zeitzone in Deutschland nach einer möglichen Abschaffung der Zeitumstellung gelten soll, gibt es aber noch nicht", hiess es. Entscheidend sei, "Zeitinseln und Friktionen im Binnenmarkt" zu vermeiden.
Wie es unter der aktuellen finnischen Ratspräsidentschaft weitergeht, ist noch nicht absehbar. Eventuell könne das Thema bei einem Ministertreffen im Dezember auf die Tagesordnung gesetzt werden. "Derzeit wird noch die Lage analysiert", sagte eine Sprecherin der Finnen.
Unklar ist auch, wie die neue EU-Kommission von Ursula von der Leyen sich zu dem Thema verhalten wird. Ihr wahrscheinlicher Starttermin wird nach derzeitigem Stand der Dinge der 1. Dezember sein. Theoretisch könnte die Behörde unter von der Leyen den bestehenden Vorschlag weiterverfolgen, ändern, oder sogar zurückziehen.
Interessiert die Abschaffung der Zeitumstellung nur die Deutschen?
Ohne Einigung kann das ganze Vorhaben noch scheitern. Im Laufe der Debatten kristallisierte sich heraus, dass manche EU-Staaten - Portugal etwa - grundsätzlich gegen das Ende der Zeitumstellung sind. Aus Diplomatenkreisen hiess es zudem, es sei nicht bedacht worden, dass es mit Ende der Zeitumstellung zwangsläufig mehr Zeitzonen in Europa geben werde.
Eine grosse gemeinsame Zeitzone von Spanien bis Polen sei derzeit nur möglich, weil negative Effekte durch den Wechsel zwischen Sommer- und Winterzeit abgefedert würden, hiess es. Abgesehen von abgelegenen Gebieten wie den portugiesischen Azoren im Atlantik oder den französischen Überseegebieten gibt es in der EU aktuell drei Zeitzonen.
Zur Realität gehört auch, dass das Thema in keinem Land der EU so sehr die Gemüter bewegt wie in Deutschland. An der Onlinebefragung, die das Thema ins Rollen brachte, nahmen EU-weit 4,6 Millionen Menschen teil - drei Millionen davon kamen aus der Bundesrepublik. (hub/afp/dpa)
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